Übersetzt von
Aline Bonnefoy
Veröffentlicht am
28.02.2020
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"Slightly Off": Der Name der Off-White Show war Programm

Übersetzt von
Aline Bonnefoy
Veröffentlicht am
28.02.2020

Virgil Abloh weiß, wie ein gutes Set aussieht – Im Brennpunkt der Vierecke, um die die Models in seiner jüngsten Show defilierten, standen mehrere Mercedes Benz, die der Designer horizontal und vertikal entzweischnitt. Nicht ganz so gut wie John Chamberlain, aber immer noch ziemlich hervorragend.


Off-White - Herbst/Winter 2020/2021 - Womenswear - Paris - © PixelFormula

 
Hochkonzentrierte Kameramänner mit Steadicams filmten im Boxring Marcel Cerdan im Osten von Paris jeden Durchgang der beeindruckenden Anzahl Models. Nur wenige verursachten einen so großen Begeisterungsschwall wie Yolanda Hadid, die 56-jährige Mutter von Bella und Gigi Hadid. Stolz trug sie einen weißen Blazer mit grauen Graffiti-Strichen zur Schau, mehrere andere derselben Art folgten.

Ihre jüngste Tochter, Bella, zeigte bei der ersten Runde ein steifes elisabethanisches Kleid in Schwarz mit kunstvoller Halskrause und Kragen. Robert Dudley hätte sich darüber sehr erfreut gezeigt, und das Kleid bot eine hervorragende Einstimmung. Ihrer älteren Schwester Gigi kam die Abschlussrunde zu mit einem zusammengesetzten Faerie Queene-Kleid, das im 45-Grad-Winkel mit einer sportlichen ultramarinblauen Parka kombiniert war. Kein Wunder betitelte der Designer die Herbst-Winter-Kollektion 2020/2021 "Slightly Off".

Virgil Abloh war von Cut-Out-Designs schon immer begeistert und bot löchrige Versionen weißer Strick- oder Baumwolloberteile und Kleider – nicht ganz geglückt in dem von Carolyn Murphy getragenen Outfit – und Cutaway-Trenchcoats, die den Blick auf weite Pumphosen freigaben, wie Mariacarla Boscono zeigte. Des Designers zweite wichtige Idee waren die friesischen Rindslederröcke, -Hosen und -Regenmäntel in ägyptisch Blau und Weiß. Manche behaupten, Virgil Abloh bediene sich etwas zu freizügig bei den Ideen anderer Designer – doch dies waren allesamt seine eigenen Designs.

Der Designer verdient zudem ein stattliches Einkommen als DJ und sein Soundtrack war der beste, den Paris so weit zu bieten hatte: Jazz Drama von Chick Corea und Yussef Dayes. Wer jedoch schon einmal versucht hat, an einer Party, an der er auflegte, zur Musik zu tanzen, kam dies bestimmt auch etwas komplizierter vor.


Off-White - Herbst/Winter 2020/2021 - Womenswear - Paris - © PixelFormula

 
Alles in allem bot Virgil Abloh eine achtbare Runway-Leistung und eine solide Kollektion, wenn er auch keinen Paradigmenwechsel über den Laufsteg sandte. Besonders wenn man bedenkt, dass die New York Times in derselben Woche in einem Artikel darüber spekulierte, dass Virgil Abloh der nächste Karl Lagerfeld sein könnte – obschon der Artikel mit einer Prise Salz genossen werden muss. Im Grunde sei Karl, wie Virgil, ein Multi-Tasking-Tausendsassa gewesen, der seine Dienste zahlreichen Marken anbot.

Die kommerzielle Attraktivität von Ablohs Design kann niemand in Abrede stellen, hinterfragt wird jedoch oft seine Qualität, die Bandbreite und die Seele, die in seinem Produkt stecken. Und sein Sinn für Bescheidenheit. Karl Lagerfeld war möglicherweise die berechnendste Person in der Geschichte der Mode, doch haftete ihm keine falsche Überhabenheit an. Obwohl ich ihn drei Jahrzehnte lang kannte, kann ich mich nicht daran erinnern, dass er sich je als Künstler bezeichnet hat. Und das kann man von Virgil Abloh nicht behaupten.

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