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Fabeau
Veröffentlicht am
08.06.2010
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Berggruen gewinnt bei Karstadt

Von
Fabeau
Veröffentlicht am
08.06.2010



Am Montagabend kam die befreiende Nachricht: der Karstadt Gläubigerausschuss hat sich für einen Käufer entschieden. And the winner is…. (Trommelwirbel!): Nicolas Berggruen, der Außenseiter. Nach intensiven Auseinandersetzungen hat der Gläubigerausschuss mit deutlicher Mehrheit entschieden, dass der Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg umgehend einen Kaufvertrag mit zwei Berggruen-Gesellschaften abschließen soll. Bis zum 9. Juni sollen die Verträge zur Abtretung der Gesellschaftsanteile unterzeichnet sein. Nach Eintritt einer Reihe von Bedingungen, etwa der kartellrechtlichen Genehmigung soll der tatsächliche Eintritt im August vollzogen werden. Über den Kaufpreis sagten die Parteien nichts.
Die Gläubigerversammlung entschied sich insbesondere deshalb für Berggruen, weil dessen Konzept stabile Rahmenbedingungen für alle Beteiligten, insbesondere Lieferanten, vorsieht. Auch die Gewerkschaft Ver.di zeigt sich erleichtert über den Zuschlag für Berggruen. Allerdings erklärte die Ver.di-Vorsitzende Magret Möning-Raane, dass das neue Kapitel noch nicht begonnen habe, da noch Verhandlungen mit den Vermietern ausstünden. Die Vermieter, allen voran das Highstreet-Konsortium, dem 86 der 120 Karstadt-Filialen gehören und das als Favorit im Übernahmerennen galt, sollen bereits angeboten haben, auf einen dreistelligen Millionenbetrag zu verzichten.
Was kommt jetzt auf Karstadt zu?



Berggruen ist, was den Einzelhandel angeht, sozusagen noch etwas gruen hinter den Ohren. Als Erbe des Kunstsammlers Heinz Berggruen und ehemaliger Wall Street Banker hat der 48-jährige in den letzten Jahren ein Vermögen für sein Jetset-Dasein ausgegeben. Dennoch hat der gutaussehende Dandy, der „im Leben einen Unterschied machen“ möchte, immer noch eine Menge Geld übrig. Sein Vermögen wird auf 1,8 Mrd. Euro geschätzt – eine beruhigende Tatsache, denn die Sanierung der maroden Kaufhauskette wird teuer. Falls ihm der Turnaround gelingt, hätte er in seinem Leben wirklich viel erreicht und könnte sich von den Karstadt-Mitarbeitern als moderner Sozialsamariter feiern lassen.
Dennoch ist die Lage schwierig: Karstadt weist kein eigenes klares Profil auf – vom Billigschnäppchen bis zum Luxus-Artikel, vom BH bis zur Badeinrichtung kriegt man alles im blauweißen Warenhaus – allerdings selten ansprechend präsentiert und gegenüber einer übermächtigen Konkurrenz von Spezialanbietern immer ein bisschen bieder und altbackend. Außerdem gibt es noch die Kaufhof-Kette – die Metro-Tochter und stärkste Konkurrentin im Bereich Warenhäuser, die das Konzept „Gemischtwarenkaufhaus“ geschickter angegangen ist. Experten glauben ohnehin, dass mittelfristig nur eines der beiden Häuser bestehen kann. Also könnte Eckard Cordes, der Metro-Chef, einfach darauf warten, dass ihm Berggruen über kurz oder lang doch noch ein Angebot zur Gründung einer gemeinsamen „Deutschen Warenhaus AG“ zukommen lässt. Davon ist aber zunächst nicht die Rede. Berggruen plant, dass Karstadt „glamouröser“ werden soll. Sachverstand und Expertise holt er sich dafür von dem amerikanischen Betreiber der Modekette BCBG Max Azria. Fraglich ist jedoch, ob die Deutschen in Zeiten der Krise und Sparzwänge überhaupt mehr Glamour wollen und ob sich der Gruenschnabel erfolgreich in den traditionsbewussten, gewerkschaftsdurchwachsenen Einzelhandelsklüngel behaupten kann.

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