Übersetzt von
Aline Bonnefoy
Veröffentlicht am
11.02.2018
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Bottega Veneta, quo vadis?

Übersetzt von
Aline Bonnefoy
Veröffentlicht am
11.02.2018

Bottega Veneta weihte letzte Woche einen riesigen Flagship-Store an der New Yorker Einkaufsmeile Madison Avenue ein. Und am Freitag organisierte das Modehaus eine wuchtige Runway-Show in der berühmten Börse der Stadt.

Bottega Veneta – Herbst/Winter 2018 - © PixelFormula


Vor einer großartigen Kulisse in Form einer mit Bottega Veneta-Artikeln geschmückten Wohnung defilierte zum Finale Supermodel Gigi Hadid. In der Presse wurde zum Höhepunkt der Fashion Week ein Großaufgebot aufgefahren, unter anderem mit einer sechsseitigen Werbekampagne in der New York Times. Doch all diese Bemühungen ließen bei vielen Beobachtern schlussendlich Verwirrung aufkommen.

"Zum ersten Mal konnten wir alles, was die Marke produziert, unter einem Dach vereinen", erklärte CEO Claus-Dietrich Lahrs in einem Gebäude des fünfstöckigen Flagship-Stores. Dieser erstreckt sich über drei Gebäude an der Madison Avenue 740. Immobilienmakler in New York schätzen die Jahresmiete für die Räumlichkeiten auf stattliche USD 8 Millionen (EUR 6,5 Mio.).

Das von Kreativdirektor Tomas Maier entworfene Ladenkonzept ist in seiner Farbenwahl bedeutend heller als frühere Stores. Zu den bemerkenswerten Details zählen eine vollverglaste Wendeltreppe und bronzefarbene Vorhänge wie im Pool Room des Four Seasons Hotel.

"Für uns lohnt es sich, ein großes Statement zu machen. Das haben wir bereits mit einem Store am Rodeo Drive gemacht. Außerdem beziehen wir bald eine wundervolle Location in Miami. Der Markt in Nordamerika ist immer regionaler ausgerichtet. Er ist nicht vom Tourismus abhängig, es sind alles lokale Geschäfte. Doch wenn zudem Touristen kommen, dann ist das natürlich auch toll", so Lahrs weiter. Der CEO übernahm seine Funktionen im September 2016, als das Modehaus schnell an Boden verlor. 2016 schrumpfte der Jahresumsatz um 6 Prozent auf EUR 1,173 Milliarden.

Dennoch ist Claus-Dietrich Lahrs optimistisch, dass die wie eine Wohnung eingerichtete oberste Etage zur Generierung neuen Einkommens beitragen wird. Bislang entfielen weniger als 2 Prozent des Gesamtumkommens auf Möbel und Wohnobjekte.

"Unser größtes Geschäftspotenzial liegt hier bei den Händlern, wenn Architekten für neue Wohngebäude den Reflex haben, uns ihre Inneneinrichtung anzuvertrauen. Um dies zu erreichen, müssen wir mit einem vollen Sortiment einsteigen. Wie wir es hier zeigen", gibt sich der CEO überzeugt.

Doch dieses Argument überzeugt bei Weitem nicht alle. So warnt Luxus-Analyst Luca Solca von Exane BNP Paribas: "Viel Glück damit, daraus eine zusätzliche Einkommensquelle zu machen. Ich denke, dieser Geschäftszweig wird nur eine geringe Rolle spielen. Um solche Projekte übernehmen zu können, muss ein stattliches Inventar mit entsprechend viel Lagerraum verfügbar sein. Der Umsatz pro Quadratmeter scheint ziemlich niedrig. Im Moment sehe ich kein großes Änderungspotenzial. Was Bottega Veneta wirklich helfen würde, wäre der Launch neuer Blockbuster-Handtaschen"!

Der neue Store zeugt von großer Eleganz, wenn auch gewisse Elemente etwas repetitiv wirken. Die DNA des Hauses – intreccio Leder – ist omnipräsent. Vielleicht etwas zu sehr: Intreccio-Schreibtische, Intreccio-Kerzern, Intreccio-Handtaschen und im Rahmen einer 33-teiligen Lederwaren-Minikollektion auch Intreccio-iPhone-Cases der New Yorker U-Bahn.
 
"Bottega Veneta steht auch weiterhin für Intreccio ein – und das ist gut so. Doch dabei kommt das Gefühl eines Déjà-vus auf. Der Markt belohnt heute vor allem Neuheiten und hier liegt das Problem. Wie kann die Marke dies bewerkstelligen? Die meisten Marken haben einen neuen Kreativdirektor angeheuert, um dieses Ziel zu erreichen", bringt Luca Solca eine in der Luxusbranche immer verbreitetere Ansicht auf den Punkt.

An seiner umfangreichen Show im New Yorker Financial District zeigte Tomas Maier Kleider mit geometrischen Drucken, Seidenkleider mit Intarsienmuster, Jacken mit aufgedruckter Manhattan Skyline und – natürlich – Intreccio-Handtaschen. Alles sehr elegant, aber auch hier hoffnungslos vertraut.

Nach der Show nippten die Gäste Coffee Negronis und bewunderten das Set mit seinen seltenen Gio-Ponti-Sesseln und einer beeindruckenden verchromten Crash-Skulptur von John Chamberlain. Doch die eigentlichen Bottega Veneta-Produkte erschienen überraschend banal. Ein Anwesender witzelte treffend, die Marke müsse schon bald Lizenzgebühren an Armani Casa bezahlen, so ähnlich sehen sich die Kollektionen.

Zusätzlich zur Werbeaktion in der New York Times war Bottega Veneta auch in den sozialen Medien mit einer sechsteiligen Hochglanzkampagne mit Kurzfilmen von Fabien Baron sehr aktiv.

"Der Schlüssel zum Turnaround ist unsere Onlinekampagne. Wir müssen das Angebot nicht tiefgreifend verändern, wir müssen nur kommunizieren. Das haben wir noch nie getan! Wir haben immer geschwiegen, ausgehend von der Grundhaltung: 'Wer uns liebt, kommt zu uns'. Nun sind wir aktiv und erzählen unsere Geschichte und wofür wir einstehen", zeigte sich Lahrs begeistert. Doch er gab er mit Verweis auf das Motto des Modehauses still zu: "Vielleicht reicht es nicht mehr aus, zu sagen 'Your Own Initials Are Enough'". Ein vielsagender Kommentar im Zeitalter von Instagram, wenn für die meisten Konsumenten feststeht, dass Initialen alleine tatsächlich nicht mehr ausreichen.
 

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