Übersetzt von
Aline Bonnefoy
Veröffentlicht am
09.12.2020
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Chinesische Kunststickerei und Kenny Scharf: Die Herbstkollektion 2021 von Dior Homme

Übersetzt von
Aline Bonnefoy
Veröffentlicht am
09.12.2020

Am Dienstag enthüllte Christian Dior seine Menswear-Show 2021 in Peking – rein virtuell. Die Kollektion mit Bildern des US-Künstlers Kenny Scharf wurde mit liebevoll gefertigter chinesischer Stickarbeit ergänzt.

 


 Scharf spielte mit vielen chinesischen Symbolen, doch der eigentliche Clou der jüngsten Dior-Kollektion des Kreativdesigners Kim Jones war es, die verschiedenen Kreaturen des amerikanischen Künstlers in eine Menswear-Couture-Kollektion einfließen zu lassen.

Das farbenfrohe Universum, das Scharf mit Spraydosen kreierte, wurde durch das Know-how des Dior-Ateliers in Paris und die Arbeit von Kunsthandwerkern in China zu atemberaubenden paillettenbesetzten Fantasie-Mänteln und erstaunlichen Intarsienjacken verarbeitet – auf denen die riesigen Münder, finsteren Augen und teuflisch lachenden Lippen der Cartoonfiguren des Künstlers um Aufmerksamkeit buhlen.

"Fast alles, was ich tue, tue ich in gewisser Weise, um gegen die Zerstörung unseres wundervollen Planeten anzukämpfen", erklärte Scharf in einem Video-Interview aus seinem Studio in LA heraus. Dieser Kampf, der mal humorvoll und dann wieder schauerlich ausfällt, sorgte für den Spannungsbogen der Kollektion.


Dior Homme Herbst 2021


Die Rock-Götter-Jacken, auf denen türkisfarbene, radioaktive Meerestiere aus Scharfs Universum gegen wütende bonbonfarbene Kobolde ankämpften, wurden gemäß über 2000 Jahre alten Sticktechniken hergestellt, die bereits für Kaiser der Qing-Dynastie verwendet worden waren.

Auf dramatisch wirkenden Smokings und seidenen Partyhemden erstrahlen die im Werk von Kenny Scharf sehr präsenten Dégradés in den grellen Farben der fantastischen Siebdruck-Prints des Künstlers.

Zum Auftakt der Show ertönt im Video der klassische Song "What is Love" von Deee Lite mit neuen Lyrics: "Happy to say Diiooooor" heißt es im Dior-Song. Junge Models marschieren dazu vor einem riesigen Lichtvorhang in vulkanischer Marmorstein-Imitation, auf dem Weltall-Sterne und ein technisches heraklitisches Feuer aufleuchten. Sie tragen Tops mit ausgefallenen Prints und Sweatshirts mit einer teuflisch lächelnden Ziege.

Dazu gesellen sich hervorragende Beispiele der eleganten Schneiderkunst von Kim Jones für Dior, mit militärischen Reiter-Wickeljacken aus schräg angesetztem Tweed, Safarijacken mit Epauletten – oft mit riesigen Moiré-Schleifen im Rücken. Riesige Schal-Zungen ragen aus Jacken heraus und scheinen diese auf Taillenhöhe abzulecken. Vielleicht ist die gewählte Hosenlänge auf Halbmast weit über den Knöcheln nicht für alle Herren verlockend, aber die Silhouette erscheint dadurch tatsächlich neu.



Dior Homme Herbst 2021


 
Für den herbstlichen Abendlook entwarf Jones Gehröcke aus kleineren Versionen der Scharf-Prints, gewoben auf traditionellen thailändischen Webstühlen. Oft strahlen die entworfenen Kreaturen mit einem psychedelischen Zwinkern im Auge. Auch mythologische Kreaturen aus China halten Einzug in die Menswear – Cartoon-Drachen, unwirsche Katzen und Affen mit Blumen auf der Brustwarze.

In den vergangenen Jahren enthüllte Kim Jones die Menswear von Dior in Tokio und in Miami, doch 2020 haben sich viele Marken für China entschieden, da sich das Land viel schneller von der Pandemie zu erholen scheint.

"Als wir mit der Planung in China begannen, wussten wir nicht, wo dies möglich sein würde. Nun kann niemand nach China reisen, aufgrund des Lockdowns. Aber ich wollte etwas Fröhliches machen. Ich dachte, dass der Lockdown beendet sein würde. Aber das war ja schlussendlich nicht der Fall", erklärte Jones.

Daraus entstand ein fröhliches, ja begeistertes Modestatement und ein vorzügliches Beispiel wahrhafter Haute Couture für Herren, alles in Dior-in-China-Manier.



Dior Homme Herbst 2021


Viele Looks werden mit chinesischen Quasten ergänzt und die Models tragen Samenstickerei-Zierungen in den Haaren, wie man sich Keith Flint im Stadtviertel Bund in Shanghai vorstellen würde. Andere Models tragen Dior Gepäck-Umhängetaschen mit verrückten Scharf-Prints.

Natürlich darf auch die bevorzugte Kopfbedeckung von Monsieur Dior nicht fehlen – ein eckiges Barett, vom Hutmacher Stephen Jones mit seinen Lieblingsprints von Kenny entworfen und in China mit Mini-Perlen bestickt.

"Ich bin so begeistert über die Art und Weise wie Kim, wie Dior meine Kunst interpretierte und in die Entwürfe einarbeitete. Bei allem, was ich sah, dachte ich "Wow! Wahnsinnig!", freute sich der bärtige Künstler in LA.
 

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