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09.10.2015
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Christophe Bezu: „Odlo ist keine Outdoor-Marke“

Veröffentlicht am
09.10.2015

Der ehemalige Leiter der Asien/Pazifik-Region von Adidas und früherer Direktor von EMEA von Esprit, Christophe Bezu, hat seit 1. September offiziell die Leitung von Odlo übernommen. Er kennt den Betrieb gut, da er seit mehreren Monaten Mitglied des Aufsichtsrats der norwegischen Marke ist (er ist übrigens auch weiterhin Mitlied), die seit langem ihren Sitz in Zürich hat. Bezu erklärt uns im Gespräch seine mittelfristige Strategie.

Christophe Bezu


FashionMag.com: Odlo hat es seit mehreren Jahren schwer. Wie ist Ihre Einschätzung der Marke?
Christophe Bezu:
Nach einem Monat als Odlos CEO kann ich sagen, dass Odlo sich im Schneewittchenschlaf befindet und modernisiert werden muss. Supply Chain, Kommerzialisation, Vertriebswege müssen überholt werden. Viel Arbeit muss in diese Prozesse gesteckt werden. Ich bin jedoch optimistisch für eine rasche Entwicklung mit sichtbaren Ergebnissen in den nächsten 12 bis 18 Monaten. In den nächsten vier bis fünf Jahren kann der Umsatz verdoppelt werden.

FM: Was heißt das genau?
CB:
Das wir 300 bis 350 Mio. Euro erreichen können.

FM: Weswegen wächst eine Marke mit einer vergleichbaren Geschichte im Durchschnitt 1 bis Prozent und hat einen so wenig entwickelten Export?
CB:
Man sagt ja so nett, dass Zürich von Bergen umgeben ist. Darin liegt auch ein gewisses kulturelles Phänomen. Und ein gewisser Dogmatismus mit vielen Ingenieurbüros und Produktdetails. Aber die Konkurrenz hat sich mit neuen Marken und Ausstattern weiter entwickelt. Das gleiche Phänomen haben wir bei Salomon oder Arc'teryx feststellen können, zwei weitere Outdoor-Marken mit Ingenieursdenke.

FM: Konkret muss man also beim Produkt anfangen?
BZ:
Wir fangen in der Tat nicht beim Produkt an. Und wir müssen auch die Preissparten neu überdenken. Unser Angebot erstreckt sich im gleichen Gebiet wie auch das von Nike, Bionic oder Adidas. Wo ist die tatsächliche Konkurrenz von Odlo? Diese Frage muss bedacht werden.

FM: Wird das Angebot ausgebaut?
CB:
Wir werden vor allem die Kategorien Running und Bike ausbauen. Wir wollen außerdem den Bereich Training/Yoga erneut entwickeln. Und dann soll insbesondere die High Line überarbeitet werden, in der sich technische T-Shirts, Lifestyle-Tops und Skiwear befinden… Odlo muss eine Marke fürs gesamte Jahr werden. Heute macht der Winter 85 Prozent der Aktivität aus!

Odlo hat kürzlich seinen 20. französischen Store in Straßburg eröffnet.


FM: Werden die Preise sinken?
CB:
Wir werden hinsichtlich des Mehrwerts kommerzieller agieren, das heißt aber nicht cheap. Aber wir brauchen Baselayers, die bei 35 Euro starten.

FM: Die Anzahl der Produkte…
CB:
Das Problem ist nicht die Anzahl der Produkte, es ist die Produktivität der einzelnen Referenzen. Wenn ein Produkt 10.000 mal verkauft wird, soll mir das recht sein.

FM: Und im Vertrieb? Findet die Entwicklung über den Retail statt?
CB:
Das größte Problem ist die fehlende Präsenz von Odlo bei den Key Accounts. Hier in Europa muss man starke Partnerschaften mit Plänen für drei Jahre entwickeln. Und dabei selbstverständlich weiter mit spezialisierten Partnern arbeiten. Dazu kommt eine digitale Vision und ein zukünftiges Click&Collect-System. Um auf die Frage zurückzukommen, was wir brauchen ist nicht unbedingt der Retail als solcher, sondern kontrollierte Verkaufsflächen. Wir müssen intern noch Retail-Kompetenzen erlangen.

FM: Und international? Odlo ist doch vertriebstechnisch sehr germanophon.
CB:
Ja. Die vier großen Märkte (Frankreich, Deutschland, Schweiz und Österreich) machen 85 bis 87 Prozent des Business bei uns aus. Geplant sind US und Kanada, in Asien Korea, China und Japan und schließlich Russland. Wir werden direkt mit den großen Sportketten arbeiten und ihnen Exklusivität zusichern. Das werden richtige Key Accounts. In den USA sind wir kürzlich mit Rei einen Vertrag eingegangen, für die nordischen Länder mit XXL. Wir sind noch nicht groß genug für Tochterunternehmen und die Priorität liegt auf Europa.

FM: Und im E-Commerce?
CB:
Dort muss komplett neu gestartet werden. Der Online-Verkauf macht 2 bis 3 Prozent unserer Aktvititäten aus. In drei bis fünf Jahren sollte der Anteil bei 12 bis 15 Prozent liegen.


FM: Wie verlief das letzte Geschäftsjahr?
CB:
Wir beendeten es am 30. Juni. Aufgrund des Schweizer Franken sinkt der Umsatz leicht, bei konstantem Wechselkurs bleiben wir stabil. Wichtig ist, dass die Leute verstehen, dass Odlo keine Outdoormarke ist oder eine Marke für Sportler auf 3.000 oder 5.000 Metern Höhe. Es ist eine Performance-Marke mit großartiger Unter-und Oberbekleidung. Alles weitere lasse ich mal beiseite. Wer braucht schon die x-te Daunenjacke, wenn Uniqlo die sehr gut macht.

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