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Veröffentlicht am
07.03.2016
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Cool bis dekadent: Junge Wilde bringen frischen Wind nach Paris

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DPA
Veröffentlicht am
07.03.2016

Die etablierten Modehäuser Dior und Lanvin stehen noch immer ohne Chefdesigner da. Währenddessen bringen junge Nischenlabels wie Koché, Vetements oder Y/Project frischen Wind in die Pariser Modebranche.

Dries Van Noten, Herbst/Winter 2016 - © PixelFormula


Für einen Moment fühlte sich die Pariser Fashion Week an wie eine Folge von «Der Bachelor»: Nur wer eine rote Plastikrose bekam, war dabei. Die Blume diente als Einladung für die Modenschau von Vetements, dem Pariser Designkollektiv und Newcomer-Label der Stunde. Sein Gründer Demna Gvasalia wurde erst kürzlich zum Kreativdirektor von Balenciaga ernannt. Am Sonntagmittag zeigte er seine heiß erwartete, erste Kollektion: Kostüme mit übertrieben betonter Taille, futuristische Formen und abgerundete Volumen waren eine klare Hommage an Cristóbal Balenciaga. Dekonstruierte Parkas, florale Patchworkkleider und übergroße Daunenjacken erinnerten aber auch an den eigenwilligen Stil von Vetements.

Gvasalia wird als das neue Wunderkind der Branche gefeiert. Keine Frage also, dass Anna Wintour nicht nur bei Balenciaga in der ersten Reihe saß. Am Donnerstag war die «Vogue»-Chefin auch in die American Church gekommen, wo die Schau von Vetements stattfand. Nach einem Gay Sex Club und einem Chinarestaurant als Setting nun also eine Kirche. Passend dazu eröffnete Gvasalias Stylistin Lotta Volkova in einem braunen, megakurzen Kuttenkleidchen die Show. Danach folgte, wonach die Modewelt gerade die Hälse reckt: Hoodies, Bomberjacken und Mäntel in übertriebenem XXL-Format, Ärmel, die bis zu den Knien hängen und deformierte Proportionen. Nicht unbedingt leicht zu tragen, aber darum geht es auch nicht. Vetements ist zur Attitüde geworden. Wer cool sein will, macht mit.

Das Gefühl, dass in Paris gerade ein Hauch von Berlin weht, stellte sich auch bei der Show von Christelle Kocher ein. Die französische Designerin und Kreativdirektorin von Chanels Federatelier Maison Lemarié veranstaltete die zweite Show ihres Labels Koché in der Passage du Prado, zwischen afrikanischen Friseursalons, Handyboutiquen und begleitet vom Duft von Cannabis, der von irgendwo her aus den Ecken zog. Wie schon bei ihrer ersten Kollektion zeigte Kocher eine coole Mischung aus Sportswear und Couture. Paillettenoberteile mit schwingendem Federsaum kombiniert sie mit weiten Jogginghosen, Patchwork-Kleider und Spitzenoberteile mit ausgewaschenen Baggy-Jeans.

Gleich danach präsentierte Glenn Martens seine erste Frauenkollektion für Y/Project, einem Männerlabel, das er vor ein paar Saisons übernahm. Seine Mode besticht vor allem durch moderne Opulenz, große Rüschenkragen, Raffungen, Schleifen, Riemen und barocke Puffärmel. Ein erfrischender Kontrast zum allgegenwärtigen Céline-Minimalismus, der in den letzten Jahren dominierte.

Der unbestrittene Meister dekadenter Kollektionen aber ist der belgische Designer Dries Van Noten. Diesmal ließ er sich von der Affäre zwischen der italienischen Erbin Luisa Casati und dem Schriftsteller Gabriele D'Annunzio inspirieren. Heraus kamen wunderschöne Looks im Stil der 30er- und 40-Jahre, bei denen er Elemente aus der Männermode - Anzüge, Krawatten, Pyjama-Kombinationen - gekonnt mit Samtstoffen, Leopardenmustern und Federstolas mischte.

Immer noch in der Warteposition stehen die Modehäuser Dior und Lanvin. Seit den Rücktritten von Raf Simons und Alber Elbaz müssen die beiden Ateliers ohne Kreativdirektor auskommen. Lucie Meier und Serge Ruffieux, die das Dior-Atelier kommissarisch leiten, lösten diese knifflige Aufgabe, indem sie die Linie ihres Ex-Chefs beibehielten: klassische Bar-Jacken mit kurvigen Volumen, schwingende Kleider mit Blumenmustern, schöne Bleistiftröcke mit hoher Taille. Eine gute Kollektion, aber ohne große Überraschungen. Für die wird dann hoffentlich bald der neue Chefdesigner sorgen.
 

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