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Veröffentlicht am
19.01.2015
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Die neue Eitelkeit: Warum Männer mehr Lust auf Mode haben

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DPA
Veröffentlicht am
19.01.2015

In der Mode galt der Mann immer als das schwache Geschlecht. Das soll sich jetzt ändern. Denn glaubt man den Trendanalysen und Fachjournalisten entdeckt der Mann den Spaß an der eigenen Inszenierung. Die kühnsten Optimisten sprechen schon von einem Boom. Andere warnen vor einem überhitzten Hype. In Mailand zumindest, wo noch bis Dienstag die Modewoche «Milano Moda Uomo» (auch Milan Fashion Week) läuft, wurde dem Mann jetzt eine ganze Straße gewidmet. Sie misst keine 300 Meter und doch findet der kultivierte Gentleman hier alles, was seinen Status unterstreicht.

Colmar, Herbst/Winter-Kollektion 2015/16 (Foto: Apcom)


Edle Anzüge von Brioni oder Kiton. Elegante Schuhe von Doucal's oder Hemden von Barba Napoli. Die Via Gesù im Modeviertel Quadrilatero della moda ist gespickt mit teuren Herrenausstattern. Seit dem 17. Januar spiegelt sich das auch in ihrem Namen wider. Als la via dell'uomo will die Straße in Mailand Männer aus aller Welt anlocken.

Nun schien Italien in Bezug auf Geschmack und Stil den anderen Nationen schon immer ein Stück voraus. Der deutsche Mann dagegen galt als modisch ambitionslos und griff gern auf das zurück, was seine Frau ihm aussuchte.

Vorbei - glaubt man zum Beispiel der Fachzeitschrift «TextilWirtschaft». Immer wieder bringt sie Titelgeschichten zum Thema «Der neue Mann». «Am Anfang war es nur so ein Gefühl, dass sich hier etwas verändert. Doch je mehr Fakten wir zusammentrugen, desto mehr sahen wir uns bestätigt», erklärt Chefredakteur Michael Werner.

So besagte etwa die «Spiegel-Studie Outfit 8.0» von 2013, dass für 84 Prozent der Männer Bekleidung einen hohen Stellenwert hat. Das war ein Plus von mehr als 8 Prozentpunkten gegenüber 2011. Nobelmarken wie Prada und Filialisten wie Mango eröffnen immer mehr reine Männergeschäfte. Ob stationär oder online: Der Mann findet heute so viel Mode wie noch nie. Das sind die Fakten. Und der Trend dahinter?

«Die Eitelkeitswelle läuft auf vollen Touren. Wir erleben gerade eine Feminisierung des Männerbildes. Die Grenzen zwischen den Geschlechtern lösen sich auf», fasst Michael Werner zusammen, was auch andere Trend-Experten bestätigen.

Wenn Frauen Karriere machen und Männer Elternzeit nehmen, hat das Auswirkungen auf die Rollenbilder bis in die Mode hinein. Den Trend des Vollbarts versteht Michael Werner dann auch so: «Er ist das letzte ästhetische Symbol, das einen Mann noch von einer Frau unterscheidet.»

Hinzu kommt der breite gesellschaftliche Trend um Fitness und Körperkult. Sport ist saisonübergreifend der größte Impulsgeber der Mode. Fußballer wie Cristiano Ronaldo, Marco Reus oder Mario Götze genießen Popstar-Status. Ihre Frisuren, die Farbe ihrer Schuhe werden von den Fans imitiert, angefacht von Plattformen wie Instagram oder Facebook, auf denen die Kicker nur allzu gern posen.

Ganz neu sind solche Beobachtungen freilich nicht. Anfang des 21. Jahrhunderts war es David Beckham, der als Ikone eines anti-traditionellen Männerbildes galt, der Mode liebte und seinen Körper pflegte. Damals nannte man das «metrosexuell». Damals wurde er oft belächelt. Heute lassen sich schon Teenager den Körper vollständig enthaaren. Auch für den neuen Körperkult gibt es schon ein Schlagwort: «Sporno», ein Mischwort aus Sport und Porno.

Und die Mode selbst? Seit Anfang Januar laufen die wichtigsten Trendmessen mit den Kollektionen für die Saison Herbst/Winter 2015/16. Sie zeigen, wie vielschichtig sich Männer inzwischen inszenieren können.

In London etwa präsentierte das britische Label Burberry Prorsum junge Bohemiens mit Intellektuellen-Brille, Ponchos und langen Schals.

In Florenz, auf dem Pitti Uomo, mischte Marni mit Elementen aus Pelz oder bunten Federn die ansonsten klassischen Herren-Looks auf.

Dsquared2 zeigten in Mailand kernige Naturburschen, die manchmal aber auch Babyrosa tragen. Bei Versace kontrastieren wuchtige Mäntel die eher feminine Kombination aus Leggings und langen Strickpullovern. Und Ermenegildo Zegna war lange ein konservatives Herren-Label, bis man sich mit Stefano Pilati einen der derzeit angesagtesten Designer holte, der nun mit subtilen Kniffen die Klassik entstaubt.

Noch hinkt der Umsatz der Männermode dem der Frauen deutlich hinterher. «Das Verhältnis liegt in Deutschland ungefähr bei ein Drittel zu zwei Drittel», sagt Michael Werner. Gut möglich, dass sich das bald ändert. Männer haben in Sachen Mode viel Nachholbedarf.

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