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Aline Bonnefoy
Veröffentlicht am
17.06.2022
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Dior Cruise Collection in Sevilla: Von Flamenco-Tänzern und französischer Eleganz

Übersetzt von
Aline Bonnefoy
Veröffentlicht am
17.06.2022

Mit seiner Cruise Collection bot Christian Dior am Donnerstagabend eine fantasiegeladene Flamenco-Parade. Die spektakuläre Show an der Plaza de España in Sevilla umfasste 60 Tänzer, ein Live-Orchester und über 100 Models.


Dior Cruise 2023 in Sevilla - Dior


Zum Fronleichnam bot Dior bei Einbruch der Dunkelheit eine sagenhafte Show mit Reitsport-Eleganz, andalusischer Attitüde und zahlreichen Anspielungen auf La Madonna. Der Morgen begann mit einer riesigen Prozession, in der stämmige Jugendliche eine riesige Madonna auf einem goldenen Thron durch die Stadt trugen. Am Abend folgte bei Dior eine tosende tänzerische Glanzleistung, orchestriert von der Choreographin Blanca Li.

Dieselben Tänzer besangen Kreativdirektorin Maria Grazia Chiuri später, als sie sich nach der Show zu anhaltendem Applaus tief verneigte. Regionale Schönheiten bedachten Chiur mit einer Standing Ovation, der sich auch Elle Macpherson, Laetita Casta und die Bridgerton-Schauspielerin Charithra Chandran anschlossen.

Die Kreativdirektorin lieferte eine brillante Show, in der sie kirchliche und modische Ikonen vereinte. Zum Auftakt der Kollektion defilierte ein kahlgeschorenes Model im Ska-Stil in Herrenhosen und einem Mantilla-Schleier. Darauf folgte eine Reihe großartiger Reiterjacken – mit Brandenburg-Verschlüssen und im andalusischen Stil zu kurzen Boleros geschnitten – gepaart mit kurzen Flamenco-Hosen.

Fast jeder Look spielte auf regionale Symbolik an. Die barocken Architekturformen widerspiegelten sich in Lederröcken und -jacken und dem Filigran von Spitzenblusen.

Zugleich versprühten alle Entwürfe den luxuriösen Duft von Dior, von Mini-Gepäcktaschen mit Pferdegeschirr-Gurt über Reiterinnenhüte von Stephen Jones, die in Südspanien wie klassische flache Strohhüte geschnitten sind. Dazu sorgten ausgeschnittene Reiterstiefel, straffe Jodhpur-Hosen, Crop Tops und sexy Spitzenshirts für eine gehörige Portion südländischen Flairs.


Dior Cruise 2023 in Sevilla - Dior

 
Maria Grazias Schlüsselikone war mit einem Blick auf ihr Mood Board offensichtlich: Carmen Amaya, eine legendäre Flamenco-Tänzerin, die als La Capitana Berühmtheit erlangte. “Mein erstes Symbol ist ganz klar Carmen Amaya, die erste weibliche Flamenco-Tänzerin, die sich wie ein Mann kleidete. Sie verwendete im Flamenco auch männliche Bewegungen und Gesten, die zuvor von Frauen noch nie ausprobiert worden waren. Und das kommt mit Bianca Li und ihren 60 Ballerinen zur Geltung", erklärte Chiuri.

In ihrer mutigen Inszenierung marschierten zwei in sündhaftes Rot gekleidete 30-köpfige Tänzergruppen parallel über barocke Brücken, während zwei Leadkünstler mit ihrem rhythmischen Fußstampfen ein Tattoo-ähnliches Militärgetrommel erzeugten.

"Das war das schwierigste Fitting meines Lebens. Fünfzig Frauen, die einfach nicht stillhalten können! Pure Energie, da war das Maßnehmen unmöglich, und das machte sie zu einem entscheidenden Bestandteil der Show. Zudem machen sie weit mehr als nur Tanzen, denn durch ihre Bewegungen entsteht Musik aus dem Stampfen ihrer Füße. Sie werden selbst zu Musikinstrumenten", sagte Chiuri begeistert.

Eine kunterbunte Modelauswahl marschierte um den riesigen Platz, mit Smokey Eyes und leicht schillerndem Make-up, um die Nachmitternachtsstimmung noch zu unterstreichen.

Zu Chiuris weiteren Ikonen zählten die berühmte Herzogin von Alba aus dem 18. Jahrhundert, die als Stilikone und Rekordhalterin in Sachen Adelstiteln in die Geschichte einging. Darüber hinaus ließ sich die Kreativdirektorin von Dior von Jackie Kennedy inspirieren, die als begnadete Reiterin einst an einer Parade durch Sevilla teilnahm.


Dior Cruise 2023 in Sevilla - Dior


Für die Abendgarderobe spielte Chiuri mit spanischer Spitze und Stickereien, und verwies erneut auf die regionale Kultur, indem sie die von den La Madonna-Statuen getragene Kleidung aufgriff. Die Stadt verfügt über Dutzende Marienstatuen in Kirchen, Basiliken und Kapellen. Dichte Guipure-Spitze und goldene Stickereien aus dem luxuriösen Dior-Atelier wurden in grandiosen Kleidern und goldenen Jacken verarbeitet, die für den roten Teppich gemacht sind.

Dazu spielte ein sensationelles 30-köpfiges Live-Orchester unter der Leitung von Alberto Iglesias die Soundtracks zahlreicher Filme, die dieser für Pedro Almodóvar musikalisch hinterlegte. Eine grandiose Show – vielleicht ein Dutzend Looks zu lang – doch verstärkte dies das prozessionsähnliche Gefühl, das die Spanier so lieben. Abschließend defilierten vier freche Contessas in rassigen schulterfreien Kleidern mit aufgedruckten Flamenco-Postern.

Viele Akteure sprechen von Inklusivität, doch Maria Grazias Vision des zirkulären Modegeschehens geht einen entscheidenden Schritt weiter. Am Beispiel des Mantilla-Schleiers wird deutlich, dass das Accessoire ursprünglich aus den Philippinen stammt, und von den Spaniern nach Mexiko gebracht wurde. Von da aus fand es seinen Weg nach Spanien, wo es im kollektiven Empfinden zu einem klassischen Element der spanischen Mode wurde.

Auch der Name der Stadt ist aufschlussreich. Die ehemalige römische Stadt Hispalis wurde nach der islamischen Eroberung im Jahr 711 in Ishbiliyah umbenannt, bevor sie 1248 unter dem Namen Sevilla in das Königreich Kastilien aufgenommen wurde. Die Stadt wurde zu einem Tor zum spanischen Kolonialreich in Lateinamerika und blühte im 17. Jahrhundert zu einer der reichsten Städte der Welt auf. Diese Entwicklung ist an der reichhaltigen Kultur und Architektur noch heute abzulesen.

Nirgendwo kommt dieses Zusammenfließen der Kulturen, das Chiuri so inspirierte, besser zum Ausdruck als in den Alcázar-Gärten. Diese wurden von den Christen auf dem Sitz einer ehemaligen muslimischen Wohnstätte errichtet und bieten eine wundervolle Verschmelzung von gotischer, romanischer, Renaissance- und islamisch-iberischer Ästhetik. Hier feierten Dior und Chiuri am Abend vor der Show, mit klassischen Musikern, die in Alkoven versteckt mittelalterliche Musik spielten. Eleganz und Integration vom Feinsten.

Dior

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