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Aline Bonnefoy
Veröffentlicht am
17.11.2022
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Francesca Bellettini (Saint Laurent): "Kreativität steht im Mittelpunkt unserer Strategie"

Übersetzt von
Aline Bonnefoy
Veröffentlicht am
17.11.2022

Spezifische Geschäftseinheiten für alle Produktkategorien, ein besonderes Augenmerk auf Kundennähe, Investitionen in Produktion und Forschung – das sind einige der Elemente, die in den vergangenen Jahren zum phänomenalen Erfolg von Saint Laurent beigetragen haben. Diesen Einblick in das Erfolgsrezept des Hauses gab CEO Francesca Bellettini anlässlich des Osservatorio Altagamma, das am 15. November vom führenden italienischen Verband der Luxusgüterhersteller in Mailand organisiert wurde. Die Managerin kündete zudem für die kommenden zwei Jahre bedeutende Investitionen in die Produktionskapazitäten an.
 

Francesca Bellettini - Nico - Saint Laurent


Das Luxushaus von Kering wird seine Lederwaren-Produktion mit einer 28 000 Quadratmeter großen Einrichtung in Scandicci, unweit von Florenz erweitern. Es handelt sich um ein ehemaliges Gebäude der Cassa Depositi e Prestiti, das vollständig saniert und renoviert wurde. Ab 2023 werden alle bereits vorhandenen Teams, die bisher auf kleinerem Raum arbeiteten, an den neuen Standort verlegt. Darüber hinaus sollen fast 300 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen. "Wir werden insbesondere ein Research & Development-Atelier einrichten. Das ist eine Schlüsselaktivität, die wir selbst übernehmen möchten. Zudem werden die Produktion mit unseren Partnern weiterentwickeln", betonte die Geschäftsführerin.

Das Label sucht die Fachkompetenzen "da, wo sie sich befinden, deshalb werden wir beispielsweise auch einen bestimmten Taschentyp in Frankreich produzieren", führte Bellettini aus. Zu den weiteren Projekten zählt auch der Ausbau der Schuhmanufaktur in Venezien im Jahr 2024. Die Geschäftsführerin erinnert außerdem daran, dass "die Unternehmen, die ihre Produktion verlagert haben, nun den Rückwärtsgang einlegen. Im Luxus wollen die Kunden Qualität und sie sind bereit, den damit verbundenen Preis zu bezahlen".

Bei ihrer Ankunft bei Saint Laurent im Jahr 2013 hat die italienische Managerin die "Kreativität in den Mittelpunkt der Strategie gerückt". Der Schritt hat sich ausbezahlt, denn der Umsatz der Marke stieg in einem Jahrzehnt von rund EUR 500 Millionen auf EUR 2,52 Milliarden im Jahr 2021. Und auf dem Höhepunkt der Corona-Krise von 2020 bis 2021 schoss der Umsatz gar um 45 Prozent in die Höhe. Im dritten Quartal des laufenden Jahres verzeichnete die Marke die besten Ergebnisse der Gruppe, mit einem Anstieg um 40 Prozent (+30 Prozent auf vergleichbarer Basis) auf EUR 916 Millionen. Die EBIT-Marge beträgt 30 Prozent.

"Diese Zahlen sind das Ergebnis einer Strategie, die wir vor der Pandemie eingeführt haben. Wir haben die Marke neu ausgerichtet, mit dem Ziel, 3 Milliarden Euro umzusetzen. Das war unser Ausgangspunkt, von da aus sind wir sehr pragmatisch vorgegangen und haben uns drei Szenarien zur Erreichung dieses Ziels vorgestellt. Dabei stand die Kreativität stets im Mittelpunkt, da sie intrinsisch mit unserer DNA verbunden ist", erklärte Francesca Bellettini, die Hand in Hand mit Kreativdirektor Anthony Vaccarello arbeitet. Diese Kreativität wurde dem Unternehmen vom ersten Moment an vom Markengründer Yves Saint Laurent eingehaucht und sie wird seit 1961 weiterentwickelt.

Zunächst führte Bellettini verschiedene "Business Units" ein, die sich jeweils einer Produktkategorie widmeten, und den gesamten Prozess von der Entwicklung bis hin zur Lieferung in die Läden überblicken. "Dabei wird die Entwicklung starker Kompetenzen gefördert, einschließlich im Bereich Research & Development". "Die italienische Produktion ist bedeutend, doch das Herz des Prêt-à-Porter bleibt in Frankreich, während sich die Accessoires vor allem mit der Ankunft der Marke im Konzern entwickelt haben", über die damals Gucci Group genannte Struktur.
 

Ein Fokus auf regionale Kunden



Weiteres wichtiges Element: Die Kundennähe in den verschiedenen Märkten. "Als ich angefangen habe, gab es vor allem Retail-Leiter, die die Stores auf territorialer Ebene verwalteten, und den Retail-Chefs der Marke berichteten. Ich habe mich dazu entschlossen, sie zu richtigen regionalen Generaldirektoren zu verwandeln, mit mehr Verantwortung und einem größeren Spielraum für die Regionen. Wir wollten die Marke den regionalen Kunden besser erklären, und niemand kennt diese Kunden besser als die Menschen, die vor Ort arbeiten", so die Managerin.

"Dadurch konnten wir unterschiedliche Vorgehensweisen entwickeln, die dann auf die Verkaufsstellen angewendet wurden, und auch unser Netzwerk ausbauen, da wir damals unser Netzwerk ausbauen mussten. Die bessere Kenntnis unserer lokalen Kunden zahlte sich während der Lockdowns aus", sagte Bellettini.

Parallel dazu hat Saint Laurent sein Großhandelsnetzwerk verkleinert, ohne jedoch gänzlich auf ein Retailmodell umzustellen. "Der Großhandel ist für uns wichtig, aber unsere Partner müssen unsere Werte teilen. Wir haben auch dem Ausverkauf ein Ende gesetzt und sind bei der digitalen Plattform von Kering eingestiegen", verriet die Geschäftsführerin.

Für Francesca Bellettini, die früher für Goldman Sachs, Prada, Helmut Lang, Gucci und Bottega Veneta gearbeitet hatte, liegt die große Herausforderung für die Zukunft bei den Talenten. "Es muss uns gelingen, sie anzuziehen, und sie im Haus halten, um darauf zu achten, dass dieser Reichtum mit dem Wachstum der Marke nicht verwässert wird".

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