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Felicia Enderes
Veröffentlicht am
05.07.2019
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Haute Couture? Wohl eher Alta Moda in Paris

Übersetzt von
Felicia Enderes
Veröffentlicht am
05.07.2019

Diesen Monat hätte die Haute Couture in Paris eigentlich in Alta Moda a Parigi umbenannt werden müssen. Denn noch nie zuvor haben wir eine französische Saison erlebt, die so stark von italienischen Talenten geprägt war.

Christian Dior - Herbst/Winter 2019 - Haute Couture - Paris - © PixelFormula


Wie Garibaldi im Exil in Paris, bevor er zurückkehrte, um die Unabhängigkeit Italiens zu begründen, eroberten ein halbes Dutzend Italiener die Pariser Haute Couture-Laufstege in einer Couture-Woche, die man als Vintage-Saison bezeichnen könnte. Eine Saison, die die Rückkehr der Tageskleidung zur Couture einläutete; und trotz einer Explosion der Farben die Wiedergeburt des reinen Schwarz ankündigte.
 
Maria Grazia Chiuri für Christian Dior, Pierpaolo Piccioli für Valentino und Giorgio Armani für seine gleichnamige Marke inszenierten hervorragende Shows und erhielten Standing Ovations für ihre neuesten Ideen.

Chiuri erhielt sogar die Legion d'Honneur-Auszeichnung, in einem überfüllten Salon in Diors Hauptsitz in der Avenue Montaigne. Sie erinnerte sich an ihre Jugend als "eine neugierige junge Frau, die nach Rom ging, um Mode zu studieren" und wurde zur prominentesten Feministin der Branche. Im Zeitalter von Me Too hat sie Diors Mode-Business besser vorangebracht als alle ihre männlichen Vorgänger in der letzten Hälfte des Jahrhunderts.
 
Darüber hinaus war ihre Kollektion für Dior ausgezeichnet: Eine Meditation über die Ähnlichkeiten zwischen Architektur und dem, was Chiuri "Archi-Couture" nannte, enthielt elegant strenge und schicken Kleidung – fast alles in Schwarz.
 
Der wahre Anführer des ästhetischen Angriffs auf Paris durch Modeschöpfer der Halbinsel entpuppte sich jedoch als Piccioli, Chiuris ehemaliger Kreativpartner bei Valentino.
 
Sein hyper-inklusiver, cooler Historismus und sein feines Gespür für Proportionen und Volumen machten seine neueste Show für Valentino zu einem echten Mode-Moment.

Valentino - Haute Couture - Paris - © PixelFormula


Außerdem konnte man Picciolis edle Geste bewundern, sein ganzes Atelier zu bitten, mit ihm eine ausgedehnte Tour über den Laufsteg zu machen, zu stehender Ovation von einem Publikum, zu dem auch Gwyneth Paltrow und Celine Dion gehörten. Eine Show in der historischen Villa Salomon de Rothschild in einem wohlhabenden Viertel, in dem viele der Geldautomaten immer noch nicht repariert wurden, nachdem sie von den wütenden "Gelbwesten" zerstört wurden.
 
Stars strömten in die von Italienern entworfenen Pariser Shows. Bei Armani Privé saß Nicole Kidman zwischen ihren beiden Ehemännern Keith Urban und Alexander Skarsgard, dem Ehemann ihrer Figur in der erfolgreichen Fernsehserie "Big Little Lies".
 
Giorgio Armani mischte orientalische Versprechungen mit Art-Deco-Referenzen in einer hübschen Modenschau, die das gesamte Publikum daran erinnerte, dass er in Sachen Schneiderei noch immer der Beste ist. Ganz gleich wo.

Kein Wunder, dass er wieder einmal Standing Ovations bekam, als er das Publikum wie ein Herzog aus einem Visconti-Film begrüßte.
 
Auch der römische Giambattista Valli begeisterte mit einem neuen Konzept: eine fünfstündige Präsentation in den historischen Räumen des Shangri-La Hotels.

Was nicht heißen soll, dass es keine anderen bemerkenswerten Modenschauen gegeben hat: vom absurden High-Glamour von Jean Paul Gaultier bis zu den fabelhaften Federphantasien von Clare Waight Keller bei Givenchy. Der Franzose Stéphane Rolland beeindruckte mit seinen fließenden Formen, die so inspirierend waren, dass sie sofort ein neues Leben in den großartigen Illustrationen des englischen Künstlers David Downton fanden. Ralph & Russo begeisterte mit seiner schillernden Vision von Couture, die elegisch auf einem endlosen weißen Laufsteg innerhalb der britischen Botschaft inszeniert wurde.

Giovanni Bedin - Herbst/Winter 2019 - Haute Couture - Paris


Allerdings geht es bei Couture auch um neuartige Konstruktionen, und nur wenige Modeschöpfer haben sich diese Woche innovativere ästhetische Strukturen ausgedacht als Giovanni Bedin. Seine coolen und cleveren Korsetts verdeutlichen sein besonderes Talent.
 
Um die Italian Connection zu vervollständigen, stellte das von Elsa Schiaparelli, der berühmtesten in Italien geborenen Schneiderin, gegründete Modehaus seinen neuesten Kreativdirektor vor: ein junger Mann aus Texas, Daniel Roseberry.

Kaum war die Saison zu Ende, sprangen am Donnerstagmorgen viele Redakteure ins Flugzeug für zwei weitere Tage Haute Couture – wieder Alta Moda: Dolce & Gabbana an diesem Wochenende in Sizilien und Fendi im Zentrum der Antike, dem Palatin im Forum Romanum.

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