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24.03.2009
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Kein modisches Niemandsland: 60 Jahre Mode aus der Bundesrepublik

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24.03.2009

Hamburg (dpa) - «Wir wollen alles, was den Krieg betrifft, vergessen», war das Motto des Modeschöpfers Christian Dior. Als die Bundesrepublik 1949 gegründet wurde, war der von dem Franzosen gut zwei Jahre zuvor präsentierte «New Look» in aller Munde.



Die Deutschen taten sich zunächst schwer mit der verschwenderischen Fülle der Stoffe, die der Kriegsgeneration da aus Paris verordnet wurde. Zudem hatten die Nazis die noch Anfang der 30er Jahre florierende Berliner Modeszene mit ihren hervorragenden jüdischen Schneidern und Textilhändlern vernichtet. Der Hausvogteiplatz in Berlin, Zentrum der deutschen Konfektion, lag in Trümmern. Dennoch war das Nachkriegs- Deutschland keineswegs modisches Niemandsland.

Drei Namen stehen für die Renaissance von Stil und Eleganz in den 50er Jahren: Aenne Burda, Heinz Oestergaard und Uli Richter. Gerade Aenne Burdas Rolle kann dabei nicht hoch genug bewertet werden. Die Ehefrau des Offenburger Verlegers Franz Burda setzte auf die Tugenden der «Trümmerfrauen», die es schafften, aus Bruchstücken etwas zu machen. 1949 schuf die gelernte Bürokauffrau den «Burda-Moden- Verlag». Anders als Magazine wie die «Vogue», die im Grunde unerschwingliche Kreationen präsentierten, bot ihre Zeitschrift den Leserinnen die Möglichkeit, anhand von Schnittmusterbögen Träume Stoff werden zu lassen, Couture preiswert nachzuschneidern.

Parallel zum rasanten Erfolg der «Burda Moden» erwachte in Berlin die Kreativität. Häuser wie Horn oder Staebe-Saeger, Modemacher wie Detlev Albers oder Heinz Oestergaard setzten das, was aus Paris, Florenz und Rom an Ideen kam, in tragbaren Chic um. Und sie fuhren regelmäßig zu den Schauen nach Paris. Auf der anderen Seite gelangten Diors Kreationen selbst nach Deutschland. Zehn Modenschauen des berühmten Designers gab es dort Anfang der 50er Jahre, 1955 kam der Meister höchstpersönlich an die Spree. Die deutschen Modemacher hingegen, unter ihnen der damals 32-jährige Uli Richter, durften 1958 ihre Entwürfe in New York präsentieren.

Der Mauerbau 1961 verhinderte eine echte Blüte von Design Made in Germany. Uli Richter blieb dennoch erfolgreich. Er gewann mit seinem schnörkellosen Schick ab 1970 die Kanzlergattin Rut Brandt als Kundin. Noch bekannter als Richter wurde der zehn Jahre ältere Heinz Oestergaard. Lange galt er als «der deutsche Modeschöpfer». Bis 1967 unterhielt er ein Atelier in Berlin, dann ging er nach München und machte Furore durch seine Zusammenarbeit mit dem Versandhaus Quelle. Von 1967 bis 1985 bot Oestergaard dort preisgünstiges Design. Zudem entwarf er die senf-beige-grünen Uniformen der Polizei.

Trotz aller Erfolge arbeiteten die Deutschen nicht auf Augenhöhe der Pariser Stars der 60er Jahre wie Yves Saint Laurent oder André Courrèges. Aber immerhin stieg eine junge deutsche Adlige lange vor Claudia Schiffer zum internationalen Supermodel auf: Veruschka von Lehndorff. Die hochgewachsene schöne Gräfin aus Ostpreußen wurde 1966 mit ihrem Auftritt in Michelangelo Antonionis Film «Blow Up» weltberühmt. Sie modelte für zahlreiche Top-Designer.

Erst in den 80er Jahren gelang es zwei deutschen Modemachern wirklich international bekannt zu werden. Wolfgang Joop und Jil Sander wurden zu «Vorzeigegesichtern», sie warben für ihre Produkte auch mit dem eigenen Antlitz. Jil Sander überholte in den 90er Jahren sogar den Italiener Giorgio Armani in der Gunst der Amerikaner. «Jil Sander is hot, Armani not» hieß es über die Hamburgerin. Sowohl Sander als auch Joop verkauften später ihre Firmen, doch beide machen immer noch Mode. Joop entwirft die Linie «Wunderkind», Jil Sander hat kürzlich einen Beratervertrag mit einem japanischen Bekleidungskonzern abgeschlossen. Dritte im Bunde der Top-Namen ist mittlerweile die Strenesse-Designerin Gabriele Strehle.

Seit ein paar Jahren regt sich auch Berlin wieder als Modestadt. Unkonventionelle Designer wie Michael Michalsky, Dirk Schönberger (für die Marke Joop!) oder Alexandra Fischer-Roehler und Johanna Kühl von Kaviar Gauche zeigen im Rahmen der Berliner Fashion Week, die zunehmend Anerkennung erlangt. Ob sie es allerdings schaffen, irgendwann in der allerersten Liga zu spielen, steht in den Sternen. Nachhaltig erreicht hat dies seit Gründung der Bundesrepublik eigentlich nur einer: der Norddeutsche Karl Lagerfeld. Der ist aber schon in seinen Jugendjahren nach Paris gegangen und gilt eher als Franzose.

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