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Aline Bonnefoy
Veröffentlicht am
25.03.2019
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Kering: Schweizer Nachspiel für italienische Steuerfahndung

Übersetzt von
Aline Bonnefoy
Veröffentlicht am
25.03.2019

Könnte die Untersuchung der italienischen Behörden gegen Kering wegen mutmaßlicher Steuerhinterziehung ein Schweizer Nachspiel haben? Das ist zumindest der Wunsch mehrerer Abgeordneter im Kanton Tessin, die eine Strafanzeige eingereicht haben. Diese betreffe insbesondere "den Scheinwohnsitz des ehemaligen Gucci-Chefs, Patrizio di Marco", wie die Schweizer Nachrichtenagentur SDA am Donnerstag berichtete.


In der Schweiz wurde eine Strafanzeige gegen den ehemaligen Gucci-Chef eingereicht - AFP/ISAAC LAWRENCE


Am 25. Januar nahm der französische Luxuskonzern erstmals zu dieser Angelegenheit Stellung. Er erklärte, dass sich der betroffene Steuerbetrag laut den Schlussfolgerungen der italienischen Untersuchung auf rund EUR 1,4 Milliarden belaufe. Mitte Februar erklärte François-Henri Pinault nach der Veröffentlichung der Konzernergebnisse jedoch, dass die Untersuchung "beendet" sei und die Schlussfolgerungen "gegeben" seien. "Nun kommt die Phase, in der wir unsere Argumente vorbringen. Wir haben noch Argumente vorzubringen". Der Geschäftsführer betonte dabei insbesondere die Tatsache, dass Gucci eine "Geschäftsorganisation hat, die seit Ende der 1990er Jahren existiert".


Die italienische Untersuchung wurde durch eine 2017 vom französischen Medienunternehmen Mediapart in Zusammenarbeit mit dem Mediennetzwerk European Investigative Collaborations (EIC) durchgeführte Untersuchung ausgelöst. Diese prangerte ein Konstrukt zur Steuerhinterziehung an, das von der Kering-Vorzeigemarke Gucci, deren Chef Marco Bizzarri und dessen Vorgänger Patrizio di Marco über ein Offshore-Unternehmen in Luxemburg und einen Steuerwohnsitz in der Schweiz eingerichtet worden sei. Ein Teil der Geschäftstätigkeit der Kering-Gruppe, insbesondere des Tochterunternehmens Luxury Goods International, das sich auf den Vertrieb und die Logistik mehrerer Konzerntöchter spezialisiert hat und in den Mediapart-Berichten erwähnt wird, wird in der Schweiz ausgeführt, genauer gesagt in Lugano.

Seit der Ankündigung der italienischen Steuerbehörden interessiert sich der Tessiner Großrat Matteo Pronzini für den Fall und verlangt eine Erklärung der Regierung des Kanton Tessin, in dem sich Lugano befindet. Am 27. Januar reichte Pronzini eine Interpellation mit dem Titel "Fall Gucci: Welche Kontrollen gibt es für den Wohnsitz ausländischer Manager?" ein.

Mediapart verfolgt die Angelegenheit weiter und erklärt in einem Artikel vom 21. März, der Schweizer Abgeordnete habe "am Mittwoch bei der Staatsanwaltschaft in Lugano eine Strafanzeige gegen den Gucci-Chef Marco Bizzari und seinen Vorgänger Patrizio di Marco eingereicht". Der Abgeordnete erklärte, seine Bewegung MPS verfüge über belastende Dokumente gegen die Geschäftsführer, die beschuldigt werden, eine Niederlassungsbewilligung und Steuerpauschale im Tessin erhalten zu haben. Laut Mediapart habe der Konzern dieses Vorgehen begünstigt.

Die Bewegung MPS erklärte, sie erwarte vom neuen Kantonsparlament, das nach den Wahlen vom 7. April zusammenkommt, dass es die steuerlichen Zusammenhänge zu Kering und den Geschäftsführern von Gucci im Kanton über die Tochtergesellschaft LGI genau unter die Lupe nehme, so die SDA. Die linke Partei fordert außerdem von der Staatsanwaltschaft die Einleitung einer Untersuchung, um zu überprüfen, ob die Scheinresidenzen von Patrizio di Marco und seines Nachfolgers Marco Bizzarri nicht in betrügerischer Absicht eingerichtet worden sind. "Falls ja, wäre dies ein Fall für die Strafjustiz. Im schlimmsten Fall drohen den beiden Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren", so die Nachrichtenagentur.

Der Fall wird auch auf Bundesebene behandelt. Die Bundesanwaltschaft erklärte bereits im vergangenen Jahr, dass im Zusammenhang mit den Mailänder Ermittlungen gegen die Kering-Gruppe eine Strafuntersuchung eingeleitet worden sei, die mutmaßliche Geldwäscherei und Urkundenfälschung betreffe.

Von FashionNetwork.com auf die Entwicklungen zu diesen steuerrechtlichen Fragen in der Schweiz angesprochen, zog es der Kering-Konzern vor, keine Stellungnahme abzugeben.
 

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