Übersetzt von
Felicia Enderes
Veröffentlicht am
06.03.2023
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Louis Vuitton: Raffinierter Großstadtluxus im Musée d'Orsay

Übersetzt von
Felicia Enderes
Veröffentlicht am
06.03.2023

Wie man mit Stil im Großstadtdschungel überlebt, war das vorherrschende Thema der neuesten Kollektion von Nicolas Ghesquière für Louis Vuitton, die am Montagmittag in Paris präsentiert wurde.


Louis Vuitton AW23 - FNW


Die Präsentation fand in den prächtigen, vergoldeten Räumen des Musée d'Orsay statt, der Soundtrack vor der Show erinnerte an die geschäftige Rushhour und tobenden Menschenmassen. Was durchaus Sinn ergab, wenn man bedenkt, dass das Museum 40 Jahre lang ein Bahnhof war, bevor es 1986 zu einem Museum für hauptsächlich französische Kunst umfunktioniert wurde.
 
Auch Ghesquières Models wirkten geschäftig als sie zügig durch die westlichen Salons des Beaux Arts marschierten. Der Laufsteg war komplett in schwarz gehalten und imitierte Pariser Kopfsteinpflaster.

Riesige schwarze mechanische Lautsprecher und Soundpaneele drehten sich während der Show. Verantwortlich für das Bühnenbild waren einmal mehr der Künstler Philippe Parreno und der Produktionsdesigner James Chinlund. Der bizarre Soundtrack – von Polizeisirenen bis hin zu einem disharmonischen Orchester – basierte auf Klangillusionen, die von Nicolas Becker entworfen wurden.
 
Die Kulisse erwies sich auch nach der Show als nützlich, als zahlreiche Vuitton-VIP-Kunden in ihren schönsten LV-Klamotten für Fotos unter den technischen Strukturen posierten. Ironischerweise bemühten sie sich, die Influencer nachzuahmen, die dieselben Kleidungsstücke kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen hatten.


Louis Vuitton AW23 - FNW


Die Kollektion selbst markierte eine große Veränderung für Nicolas. Angefangen bei der dunklen Farbpalette, die einen starken Kontrast zu dem Gold und Silber bildete, das von zahlreichen Influencern getragen wurde, die sich vor der Show gegenseitig fotografierten und auf Instagram posteten. Zeit dafür hatten sie. Selbst nachdem eine laute Stimme aus dem Soundsystem die Damen und Herren aufforderte, ihre Plätze einzunehmen, da die Show beginnen sollte, vergingen noch weitere 10 Minuten, bevor das erste Model erschien.

Dann schlug die Stimmung um. Vorbei waren die technischen Experimente mit aktiver Sportbekleidung, die bei so vielen Ghesquière-Schauen für Vuitton zu sehen waren. Es kamen viele natürliche Fasern und Stoffe zum Einsatz, auch wenn Nicolas die Kleider so schnitt, dass sie Schwung und Dynamik suggerierten.
 
Er begeisterte mit einem Trio exzellenter Dekolleté-Kleider aus Bouclé-Wolle, die in der Taille eng geschnitten waren und leicht gepolstert über dem Oberkörper saßen. Zudem arbeitete er mit riesigen Plissee-Kragen und versteifte ein Kreidestreifen-Cocktailkleid, so dass es wie ein perfektes Quadrat um die Knie herum schwebte. Kurzum, dies war ein beeindruckendes Beispiel innovativer Schneiderkunst.
 
Das Tailoring wirkte dabei stets dynamisch – von Matinee-Idol-Anzügen mit weiten Hosenbeinen und doppelreihigen Jacken bis hin zu sehr einprägsamen grauen Matelassé-Lederanzügen.


Louis Vuitton AW23 - FNW


Neben der Kleidung gab es eine große Serie von Handtaschen zu bestaunen – von einer Minitasche im Stil einer Villa aus der Haussmannzeit bis hin zu einer wunderbar aussehenden gepolsterten Tasche in allen Farben von brüniertem Leder bis hin zu Rot, Weiß und Blau. Das Ganze fühlte sich sehr nach einer Hommage an Frankreich an; passend dazu begann das Programmheft mit der Frage "Was macht französischen Stil aus?"
 
Die Antwort lautete: "Eine unbeschreibliche Anziehungskraft, die die Welt noch immer fasziniert; auch das ist paradox: Raffinesse mit einem Hauch von Dilettantismus. Die französische Faszination ist ein trompe l'oeil. Dabei scheint der französische Touch nie zu fesseln."
 
Die Veranstaltung markierte darüber hinaus das Womenswear-Debüt des kürzlich ernannten CEO Pietro Beccari, der von Dior zu LV wechselte. Bei seinem Amtsantritt stand die Frage im Raum, ob eine der ersten Entscheidungen von Beccari darin bestehen würde, Ghesquière zu ersetzen? Der Designer ist seit neuneinhalb Jahren im Amt – eine durchaus lange Zeit.
 
Tatsächlich war diese Kollektion Ghesquières beste für Vuitton seit gut einem halben Jahrzehnt. Es ist also noch nicht aller Tage Abend.
 

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