Übersetzt von
Aline Bonnefoy
Veröffentlicht am
06.10.2021
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Louis Vuitton: Von Richelieu, Rock’n’Roll und Klimaprotesten

Übersetzt von
Aline Bonnefoy
Veröffentlicht am
06.10.2021

Mangelnde Vorstellungskraft kann man dem Kreativdirektor von Louis Vuitton, Nicolas Ghesquière, nicht vorwerfen. Er packt mehr Ideen in einen einzigen Look als manch ein Designer in seine ganze Kollektion.


Louis Vuitton - Frühjahr/Sommer 2022 - Womenswear - Paris - © PixelFormula


Die Klimajugend kümmert das offensichtlich herzlich wenig. Die Show wurde von einem Demonstranten kurz unterbrochen. Er streckte ein Spruchband in die Luft, auf dem stand "Overconsumption = Extinction", bis er wieder vom Laufsteg heruntergeholt wurde. Eine erstaunliche Sicherheitslücke für eine LVMH-Show.

Riesige in Flammen ausufernde goldene Sonnenbrillen, ein vergoldetes paillettenbesetztes Kleid, das unter der Hüfte plötzlich wie Militär-Schulterstücke heraussteht, geschnürte Lacklederstiefel mit Plattformsohlen und Nieten an den Seiten. Dazu eine rosafarbene Vuitton-Tasche über der Schulter – und das ist nur der zweite Look.

In fast allen Looks der Frühjahr-/Sommerkollektion 2022 von Louis Vuitton, die am Dienstagabend im Louvre enthüllte wurde, vermischten sich verschiedene Ideen und Epochen. Eine Jeansjacke wurde zu einem Frack aus dem 19. Jahrhundert, ein Tanktop mit Minipailletten zu einem Spitzen-Reifrock.


Louis Vuitton - Frühjahr/Sommer2022 - Womenswear - Paris - © PixelFormula


Und wer ein Rockstar-würdiges Oberteil mit silbernen und schwarzen Längsstreifen will, muss sich auf eine schräg geschnittene Version gefasst machen. Anderswo entpuppt sich ein fabelhafter 12-Knopf-Blazer als Mini-Umhang, der über goldene Spitzenschultern und eine bestickte religiöse Soutane getragen wird.

Nicolas griff das spirituelle Thema auch in einem weiteren Look auf und lieferte ein goldenes Kardinals-Scheitelkäppchen mit goldenen Zöpfen.

Die Show wurde in der Passage de Richelieu organisiert, die die Rue de Rivoli mit der Louvre-Pyramide verbindet. Zum Anlass wurde die Passage mit etlichen Kronleuchtern und Spiegelwänden ausgekleidet. Passend zu Ghesquières Konzept eines zeitlosen "Grand Bal du Temps", in dem sich Epochen, Codes und Kleider vermengen und zu neuen Konzepten fügen. Sein Titel für die Kollektion? – Die Übertragung.

Ein rockiger Cardinal Richelieu, eine moderne Catherine de Medici, mit Arbeitsstoffen, die für große Zeremonien verwendet werden, sowie opulenten Stoffen mit modernem Twist.


Louis Vuitton - Frühjahr/Sommer- Womenswear - Paris - © PixelFormula


"Heute Abend ist das Wetter unbedeutend. Entscheidend ist die Zeit", so Nicolas in seinem Begleitschreiben.

Frau Holle war damit nicht ganz einverstanden – beim Eintreffen der Gäste ging die Sonne zwar sanft unter, doch ihr Aufbruch nach der Show wurde durch plötzliche Regenschauer beschleunigt – das Gedränge, um durch die Tausenden von Fans vor dem Gebäude zu kommen, erinnerte entfernt an Blade Runner. Zumal die Fans zu Piranha-ähnlichen Paparazzi mutierten, sobald die Celebrities die Passage verließen.

In weiser Voraussicht ließ das Modehaus den Gästen zum Abschied robuste Regenschirme aushändigen.

Von Vuittons Anziehungskraft zeugen auch die unzähligen VIPs, die sehr zu Rreuden der professionellen Paparazzi an die Show strömten. Allen voran Ana de Armas, die weibliche Hauptfigur des neuen James Bond-Films, in einem ärmellosen Vuitton-Mantelkleid in Rosa. Darauf folgte der wohl größte Fan von Nicolas Ghesquière,– Alicia Vikander, in einem weißen Blouson mit Lackleder-Schulterstreifen.


Louis Vuitton - Frühjahr/Sommer2022 - Womenswear - Paris - © PixelFormula


Von Film-Stars wie Isabelle Huppert, Catherine Deneuve, Regina King und Jennifer Connelly über die angesagtesten neuen Stars wie Phoebe Dynevor von Bridgerton und Maria Bakalova bis hin zum überraschenden Auftritt des Olympia-Goldmedaillisten und Wasserspringers Tom Daley, häuften sich in der Spiegel-Passage die Berühmtheiten.

Mit Blick auf die Entwürfe und Accessoires bleibt zu sagen, dass Ghesquière zwar mit seinem Spiel mit kulturellen Codes nicht bei allen Erfolg hat. Er erhält generell weitaus mehr Lob von französischen Kritikern als aus dem Ausland. Doch packt er seine Schauen stets mit zahlreichen grandiosen Taschen voll. Zum Abschluss zeigte er einige fantastische Lackleder-Totebags, die unweigerlich zu Verkaufsschlagern werden dürften. Damit die Kassen der einträglichsten Luxusmarke der Welt weiter klingen.
 
 

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