Übersetzt von
Aline Bonnefoy
Veröffentlicht am
19.06.2022
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Mailänder Modewoche: Ein Samstag mit Versace, Dolce & Gabbana und Fendi

Übersetzt von
Aline Bonnefoy
Veröffentlicht am
19.06.2022

An einem hektischen Tag für die Mailänder Modewoche stellte das Modehaus Versace alle anderen in den Schatten. Für ihre triumphale Show wurde Kreativdesignerin Donatella Versace mit tosendem Applaus bedacht.

Versace: Mailand liegt Donatella zu Füßen


 
"Versace, Versace, Versace," dröhnte der klassische Prince-Soundtrack nach der spannenden Modenschau des Luxushauses im Palazzo der Versace-Familie. Doch die Show war so fantastisch, dass der Sänger "Donatella, Donatella, Donatella" hätte skandieren sollen.


Versace - Frühjahr/Sommer2023 - Menswear - Milan - © PixelFormula


Es fühlte sich an wie ein wahres Comeback von Donatella Versace. Und zwar so richtig. Nach mehreren Saisons, in denen Madame Medusa aufgrund der Pandemie ihren Backstage-Bereich abriegelte, betrat sie am Samstagabend in Mailand den Hof, in dem die Show stattfand, um Freunde und Bekannte zu umarmen.

Die Kulisse für die sagenhafte Show bildete der gepflasterte Hof mit fünf Meter hohen Glassäulen, auf denen Adonis-Statuen prangten. Dieses Bild wurde auch für die Models aufgegriffen, wobei mehrere männliche Models steife goldene Perücken trugen.

Anzüge und Blazer mit Riesenstreifen, rassige Seidenhemden mit Bildern gotischer Wasserspeier oder griechischen Gelehrten. Viele Models trugen Vasen, Kaffeetassen und Untertassen – wie sie auch mit der Einladung versandt worden waren.

Kurz und gut: Donatella ist zurück und hat den Laden im Griff.

Dolce & Gabbana: Rockige Re-Edition



In der jüngsten Menswear-Show von Dolce & Gabbana war stellenweise unklar, was brandneu und was neu aufgelegt war. Die Schau war vollgepackt mit Archivkleidern und übertriebenen Neuinterpretationen klassischer Looks.

Die Show mit dem Titel 'Dolce & Gabbana Re-edition 1991 S/S 2023' zeigte Modelle aus den 27 Jahren seit der Gründung des Menswear-Labels durch Stefano und Domenico.


Dolce & Gabbana Frühjahr/Sommer2023 - Dolce & Gabbana


Vor der Show versandten die beiden Designer das zugrundeliegende Konzept in Form eines schwarzen T-Shirts direkt mit ihrer Einladung. Das T-Shirt war von Löchern übersät, als stammte der Stoff aus einem alten Warenhaus, wo er von Motten zerfressen wurde. Oder vielleicht machten sie sich auch nur einen Scherz daraus.

Die Löcher führten auch durch eine Reihe zerrissener und zerfetzter Oversize-Jeans, Cargo-Hosen und Hosen, die zu eleganten Smokings und Blazern getragen wurden. Wie auch in einer Auswahl langer und kurzer Unterhosen, als handelte es sich dabei um Unterwäsche aus Großvaters Schrank.

Wenige Italiener sind so italienverliebt wie Stefano und Domenico, deren Kulisse eine Zusammenstellung aus alten Showvideos und malerischen Bildern des Landes war – von Mittelmeer-Fähren über den Hafen von Portofino bis hin zu äolischen Fischerbooten.

Und auf T-Shirts war zu lesen, dass Sizilianer schlicht sensationell sind. Doch die sensationellsten Ideen waren die Piratenstiefel aus Überresten von Patchwork-Jeansjacken und die mit Strass und Glaskristallen besetzten Tech-Stiefel.

Dabei bedienten sie sich ihrer erfolgreichsten Ideen: Von vergoldeten bestickten Smokings bis hin zu Rockstar-Motorradjacken.

Gerade weil sich die Show über eine so große Zeitspanne erstreckte, handelte es sich um eine weitschweifende Präsentation, durch die ein Remix von Jack Harlows First Class führte. Die Länge tat dem lauten Jubel nach der Show jedoch keinen Abbruch.

Und doch wurde man den Eindruck nicht los, dass die Aufmerksamkeit des Duos anderswo lag – wohl bei ihrer nächsten Alta Moda-Kollektion, die Anfang Juli natürlich auf Sizilien, genauer gesagt in der ehemaligen griechischen Siedlung Syrakus, stattfindet.

Nach einem hektischen Tag luden die beiden Designer am Abend zur Feier ihrer jüngsten Brillenkollektion zu einer gelungenen Cocktailparty in ihrer Bar Martini am Corso Venezia ein. In Zusammenarbeit mit Persol gestaltete die Marke die berühmten D-förmigen Brillen in Havannabraun und Schwarz aus, sowie in den Dolce&Gabbana-Farben Sorbet und Zebra.

Fendi: Modische Stoffe



Bei Fendi drehte sich alles um Stoffe in ihrer natürlichen Vielfalt – edle, sportliche und atypische Stoffe trafen in der Kollektion von Menswear-Kreativdirektorin Silvia Fendi in einem großartigen Casual Chic-Look aufeinander.

Der Fokus der Kollektion lag auf dem zentralen Kleidungsstück der modernen Menswear-Garderobe – dem Überhemd. Silvia gelang es, dieses mit mehr Fantasie und Esprit anzugehen als ihre Designerkollegen.



Fendi - Frühjahr/Sommer2023 - Menswear - Milan - © PixelFormula


"Ich wollte etwas Einfaches und spielte mit der Idee eines Hemds, einer Hemdjacke und eines Hemdmantels. Nun, da wir wieder zum Leben zurückfinden, verstehen wir das Bedürfnis, sich Zeit für sich selbst und seine eigenen Freuden zu nehmen. Sogar die Formalwear hat dieselbe Unkompliziertheit. Für mich ist Denim das Material, das Freiheit am besten verkörpert. Doch habe ich es auf Baumwolle gedruckt, für eine andere Wirkung. Es ist ein künstlicher neuer Denim", erklärte Silvia.

Mit einem banalen Stoff wie Jeans gestaltete sie kunstvolle Herrenhosen, dann druckte sie Jeansmuster auf Baumwolle und gestaltete etwas gänzlich Neues mit einem rasierten Pelzmantel mit Denim-Print. Denim-Logo-Taschen, Denim-Schuhe und sogar Denim-Chirurgenhemden. Eine Mischung aus überschwänglichem Luxus und Hipster-Einfachheit.

Ein Kalbsprint auf Baumwoll-Cabans, Ponyfell-Safarijacken und einem Mantel aus Tuchstoff. Ein blau-brauner Tabakprint wurde gleich doppelt neu interpretiert – auf einem Abenteurer-Nerzmantel und einem Kaschmirmantel.

Silvia bot auch gewagte Silhouetten, die mehrheitlich funktionierten, besonders die übergroßen Mäntel. Bei den Taschen zeigte Silvia eine großartig neue Fass-Form, die von einem Leder-Geschirr von Fendi umrundet wird.

“Ich liebe den Dialog, den sie mit Kim Jones führt. Sie sind wie Familienmitglieder, die zusammenarbeiten. Wir definieren die Marke auch als Meister der Materialien. Deshalb mögen sich die Formen nicht übermäßig ändern, doch bei den Materialien gibt es tausendfache Möglichkeiten", freute sich Fendi-CEO Serge Brunschwig.

Und wo wir schon von der Form sprechen – der schlanke Serge verriet uns, dass er sich beim Radfahren in den Hügeln rund um Rom fit hält.

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