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Aline Bonnefoy
Veröffentlicht am
08.02.2022
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Marc O’Polo: Die Erneuerung eines skandinavischen Kultlabels

Übersetzt von
Aline Bonnefoy
Veröffentlicht am
08.02.2022

Marc O’Polo gelang die erfolgreiche Rundumerneuerung des auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Produktangebots und Images. Nach elfjähriger Abwesenheit war die Marke nun wieder auf der diesjährigen CIFF zu Gast und gab ihr Debüt auf der Pitti.


Der Stand von Marc O'Polo auf der CIFF 2022 - Photo: Courtesy of the brand


Das in Stockholm gegründete Label ist heute in Deutschland zu Hause, der Unternehmenssitz befindet sich unweit von München. Doch im Rahmen seiner subtilen Neuausrichtung wurde in den vergangenen Jahren der alte Name abgestaubt und die Marke nennt sich wieder 'Marc O’Polo est. in Stockholm'. Womöglich, um die Herkunft des Namens zu klären, der für Verwirrung sorgt und manche irrtümlicherweise glauben lässt, dass die Marke aus Italien stammt. Doch das ‘O’ im Namen ist keltisch und verweist in der gälischen Kultur auf einen männlichen Nachkommen.

Das Label wurde 1967 von Rolf Lind, Göte Huss und Jerry O'Sheets gegründet und bot zunächst Patchwork-Baumwollhemden. Doch wuchs das Unternehmen zu einer skandinavischen Kultmarke heran, die auf natürliche Rohstoffe und eine gesunde Natürlichkeit setzte. Marc O’Polo wird auch die Einführung des Sweatshirts in Europa in den frühen Siebzigerjahren zugeschrieben, denn das Label verwandelte den beliebten Studentenpulli in ein logobedrucktes modisches Must-have.

Bis zum Ende des Jahrhunderts wurde Marc O‘Polo schrittweise von seinem Vertriebspartner Werner Böck übernommen, dessen Sohn Maximilian dem Unternehmen heute als CEO vorsitzt. Das Geschäft boomte – mit einem Jahresumsatz an die 500 Millionen Euro. In jüngeren Jahren hingegen verlor das Label seine modische Aussagekraft und Positionierung.


Marc O'Polo-CEO Maximilian Böck - Photo: Courtesy of the brand


Deshalb arbeiteten Maximilian Böck und Chief Product Officer Susanne Schwenger an einer Neuausrichtung. Und entschieden sich dafür, mit einer erneuerten Stilauswahl und authentischen, umweltfreundlichen, neuen Kleidern auf die Pitti – die am besten organisierte Modemesse der Branche – und die führende skandinavische Mode-Fachmesse CIFF in Dänemark zurückzukehren. In Kopenhagen lud die Marke auch zum Cocktail in ihrem Flagship-Store "From the Land of Marc O‘Polo" ein. In der Vergangenheit verfügte die Marke über hochkarätige Markenbotschafter wie Oscar-Gewinner Jeff Bridges, Supermodel Amber Valletta und zuletzt das deutsche Topmodel Anna Ewers. Heute liegt der Fokus jedoch eher auf Influencern und Online-Communities.
 
Die zwei Manager zeigten sich mit ihrer Teilnahme an den beiden Messen zufrieden. Auf der Pitti wurde die Abwesenheit vieler amerikanischer und fast aller asiatischer Käufer zum Teil durch die Präsenz europäischer Kaufhäuser wie Rinascente und Coin wettgemacht. Und die Besucherfrequenz auf der CIFF war für Böck ebenfalls zufriedenstellend, so dass er bereits bestätigte, dass seine Marke im kommenden Sommer an der nächsten Ausgabe ebenfalls teilnehmen wird.

Auf dem schönen, luftigen Stand auf der CIFF zeigte das Label stolz ein Promovideo, in dem die Zusammenarbeit mit dem toskanischen Stoffproduzenten Manteco präsentiert wurde. Manteco spezialisiert sich auf die Wiederverwertung von Alttextilien, die für ein kompromissloses Moderecycling zu neuen Garnen gesponnen werden.

Die jüngste Kollektion umfasste ein paar sehr schöne Sherlock Holmes-Karojacken, hervorragende Manteco-Überhemden und Westen mit aufgesetzten Taschen, sehr schicke Mini-Bomberjacken und Cut-Off-Westen/Schals in Purpurrot und Hellgrau, sowie hübsche blumenbesetzte Parkas.

Wir trafen uns mit Böck und Schwenger für ein Gespräch über Marc O‘Polo.


Chief Product Officer von Marc O'Polo, Susanne Schwenger- Photo: Courtesy of the brand


FashionNetwork.com: Wie definieren Sie die DNA von Marc O’Polo?
Susanne Schwenger: Marc O’Polo steht für Tradition, skandinavische Lässigkeit und Nachhaltigkeit, fast 100 Prozent.

FNW:  Was meinen Sie genau mit Nachhaltigkeit?
SS: Wirklich nachhaltig zu werden ist ein langer Weg und braucht Zeit. Aber wir sind an vielen Fronten fast am Ziel. Für diese Saison haben wir auf der CIFF nur nachhaltige Produkte. Und für die Frühjahr-/Sommerkollektion 2023 werden wir in unseren Kollektionen nur noch nachhaltige Produkte führen.

FNW: Können Sie einige konkrete Beispiele nennen?
SS: Wir haben immer Sonderprojekte – wie unsere Collaboration mit dem italienischen Weber Manteco, einem der nachhaltigsten Stoffproduzenten weltweit. Wir stehen Manteco sehr nahe und deshalb haben wir dieses Video über den eigentlichen Recylingprozess gemacht, und wie er in unseren beiden Unternehmen genau abläuft.

FNW: Weshalb war es so wichtig, Ihren Look aufzufrischen?
SS: Das war notwendig, deshalb haben wir diesen Prozess vor drei Jahren begonnen. Wir wollten weg vom Mainstream und hin zu einer zeitgenössischeren Vision – wir haben das Gefühl, dass man einen Krieg nicht gewinnen kann, wenn man zu nahe am Mainstream ist. Da wird man schlussendlich gezwungen, billiger und billiger zu werden.



Marc O'Polo Herbst/Winter2022 - Photo: Courtesy of the brand


FNW: Aber Ihre preisliche Positionierung ist ziemlich hoch für Casualwear, nicht?
SS: Ich würde nicht sagen, sehr hoch, sondern vielmehr, dass sich der Preis rechnet. Wo sonst erhält man Recyclingwolle, die so sanft ist wie Kaschmir und für 259 Euro zu einem großartigen Überhemd verarbeitet wird? Da kenne ich keine andere Marke, die das macht.

Maximilian Böck: Wir haben auch Strickwaren für 99 Euro und 129 Euro, somit haben wir viele Preiskategorien. Wir mögen kommerzielle Verkaufspreise, doch wollen wir auch Produktinnovation zu höheren Preisen bieten. Zudem ist es Teil unserer Kultur, mit neuen Garnen zu arbeiten.

FNW: Wie groß ist ihre globale Distribution?
MB: Gegenwärtig sind wir in 2600 Verkaufspunkten weltweit präsent. Zudem haben wir über 260 Marc O’Polo-Stores, die Hälfte davon wird von Partnern oder als Franchise betrieben, die anderen von uns direkt.

FNW: Online?
MB: Unser eigener Onlineumsatz macht 35 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Doch wenn das gesamte Onlinegeschäft berücksichtigt wird, sind wir schon bei einem Anteil von 40 Prozent, was uns in der Krise sehr half.

FNW: Wie sind Sie geografisch organisiert?
MB: Wir sind in über 40 Ländern, doch der Großteil wird in der DACH-Region umgesetzt. Hier erreichen wir 65 Prozent des Umsatzes, somit haben wir international viel Raum zum Wachsen. In China haben wir einen Lizenzpartner mit 60 Stores plus das Online-Geschäft, doch macht dies gesamthaft nur einen einstelligen Prozentsatz unseres Gesamtumsatzes aus. Und in Amerika sind wir nicht physisch vertreten, doch bedienen wir die Region online. Deshalb prüfen und analysieren wir den amerikanischen Markt.

FNW: Welchen Jahresumsatz erzielt Marco O’Polo?
MB: Für dieses Jahr rechnen wir mit 577 Millionen Euro und unser angestrebtes Ziel ist eine Milliarde. Letztes Jahr waren es 450 Millionen. Somit gehen wir für das laufende Geschäftsjahr, das im Mai endet, von einem Wachstum im hohen zweistelligen Bereich aus. Und im kommenden Jahr streben wir ein Wachstum zwischen 13 und 15 Prozent an.

SS: Der Anteil Herren-/Damenmode beträgt weltweit 70:30. Daran möchten wir arbeiten, besonders, da die Marke nach einem Mann benannt ist!



Der Marc O'Polo-Stand auf der CIFF 2022- Photo: Courtesy of the brand


FNW: Was ist der wichtigste Wachstumstreiber?
MB: Wir haben in den vergangenen drei Jahren unsere Hausaufgaben gemacht. Wir haben nicht nur einfach das Produkt verändert, sondern auch am Label und am Marketingansatz angesetzt. Wir haben neue junge Menschen im Unternehmen und das alles trägt erste Früchte.

FNW: EBITDA?
MB: Das werde ich nicht sagen. Doch sind wir in Privatbesitz, mit Bankkrediten und ohne Auslandskapital.

FNW: Ist noch kein Hotel geplant? Oder andere Akquisitionen?
MB: Nein, nein. Wir sagen zwar nicht nein, doch entspricht es nicht unserer Strategie, durch Akquisitionen zu wachsen. Wir wollen ein organisches Wachstum.

FNW: Was bedeutet das für die Produktentwicklung?
SS: Wir haben Accessoires, Handtaschen, Brillen und Unterwäsche. Und wir starten ein Konzept für Düfte. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass eine volle Lizenz für uns nicht passen wird. Wir wollen mehr ausdrücken, mit einem anderen Konzept. Nicht wie CK1, das in all den Drogeriemärkten für 10 Dollar pro Flakon zu haben ist. Nein.
 

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