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12.05.2020
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Modehandel: Nach der Wiedereröffnung beginnt die Rabattschlacht

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DPA
Veröffentlicht am
12.05.2020

Mal sind es 20, mal 50 und manchmal sogar 70 Prozent: Immer mehr Modehändler in den Innenstädten werben nach der Wiedereröffnung ihrer Läden mit hohen Rabatten auf die Frühjahrs- und Sommerkollektion um Kunden. Der Handel steht unter doppeltem Druck. Denn in den Läden türmt sich die während der coronabedingten Ladenschließungen unverkauft gebliebene Ware. Doch die Kauflust der Kunden ist angesichts der Folgen der Corona-Pandemie gering.

archiv


"Im Sommer könnte der Modehandel auf einem Berg von einer halben Milliarde unverkaufter Textilien sitzen", fürchtet der Sprecher des Handelsverbandes Textil (BTE), Axel Augustin. Schon jetzt stapelten sich im Handel rund 200 bis 300 Millionen unverkaufte Artikel. Dabei ist es verderbliche Ware. Frühlingskollektionen sind schon jetzt schwer zu verkaufen. Und sogar bei der Sommerware drängt die Zeit. Das Problem trifft die großen Warenhäuser ebenso wie die kleinen Selbstständigen. Und rasche Besserung ist nicht in Sicht.

"Die Verbraucher befinden sich in einer Schockstarre", sagt GfK-Experte Rolf Bürkl. Die Menschen gingen davon aus, dass Deutschland wegen der Corona-Krise in eine schwere Rezession stürzen wird. "Einkommenserwartung und Anschaffungsneigung befinden sich im freien Fall."

Doch nicht nur das. "Bei Mode und Bekleidung fehlt es auch ganz einfach an Kaufanlässen", klagt Branchenvertreter Augustin. Die Kleiderschränke der Bundesbürger seien voll, gekauft werde nur, wenn es einen besonderen Grund dafür gebe. "Aber an solchen Anlässen – egal ob eine Party, ein Urlaub oder eine Hochzeit – fehlt es seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie", klagt er. Es gebe einfach nur noch selten Grund, sich schick zu machen.

Die Folge: Auch wenn inzwischen die meisten Läden in den Einkaufsstraßen wieder geöffnet haben und eigentlich nach den Wochen ohne Shopping ein gewisser Nachholbedarf bestehen müsste, sind die Fußgängerzonen weiterhin deutlich leerer als vor der Krise.

So musste die letzte große deutsche Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof angesichts der Corona-Krise bereits Rettung in einem Schutzschirmverfahren suchen. Das gleiche Schicksal ereilte mehrere deutsche Tochtergesellschaften von Esprit, die Modehandelskette Sinn und die Modekette Hallhuber. Der Damenmode-Filialist Appelrath Cüpper beantragte Insolvenz in Eigenverwaltung. "Wir laufen große Gefahr, dass Traditionshäuser, die unsere Innenstädte seit vielen Jahrzehnten prägen, in die Insolvenz gehen", warnte Josef Sanktjohanser, Präsident des Handelsverbandes Deutschland (HDE), angesichts der Krise.

Doch wo es viele Verlierer gibt, gibt es meist auch einige Gewinner. Profitieren könnten von der vielen unverkauften Ware am Ende – neben den Schnäppchenjägern – die Factory Outlet-Center. "Die Outlet-Center werden mit Ware geflutet werden", prognostiziert der Branchenkenner Joachim Will, Inhaber des Wiesbadener Beratungsunternehmens Ecostra. Und das werde sie für die Verbraucher noch attraktiver machen.

Schon jetzt laufe das Geschäft in etlichen Outlet-Centern deutlich besser als in den klassischen Einkaufsstraßen, weil die Schnäppchentempel den weit verbreiteten Wunsch nach einem Einkaufserlebnis auch in Corona-Zeiten erfüllten, berichtet der Experte. Doch der eigentliche Run auf die Center stehe noch bevor.

Deutlich pessimistischer ist seine Einschätzung in Bezug auf den klassischen Modehandel. Die bisherigen Rabattaktionen seien wohl erst der Anfang, ist der Branchenkenner angesichts der überquellenden Warenlager und der leeren Kassen der Händler überzeugt: "Es wird zu einer gewaltigen Rabattschlacht im gesamten Modehandel kommen." Gute Zeiten also für Schnäppchenjäger.

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