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Veröffentlicht am
13.04.2023
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Mutter des Minirocks - Modedesignerin Mary Quant ist tot

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DPA
Veröffentlicht am
13.04.2023

Sie wurde nicht nur als die Mutter des Minirocks bekannt, sondern machte auch Hotpants, den eng anliegenden Rippenpulli, bunte Strumpfhosen und PVC-Regenmäntel populär: Mary Quant ist aus der britischen Modewelt nicht wegzudenken. Nun ist die Britin im Alter von 93 Jahren gestorben.

Pierre Verdy/AFP


Geboren am 11. Februar 1930 in London träumte Quant schon als Kind davon, Tänzerin oder Designerin zu werden und besuchte eine Stepptanz-Klasse: "Ein etwas älteres Mädchen war die Vision von allem, was ich sein wollte", sagte sie dem Magazin "The Week". "Sie trug einen kurzen Faltenrock von etwa 25 Zentimeter Länge, einen hautengen schwarzen Pullover, eine schwarze Strumpfhose und einen Bob-Haarschnitt." Zwei Jahrzehnte später verkörperte das Model Twiggy (eigentlich: Lesley Lawson) mit Rehaugen und getuschten Wimpern diesen Look als Markenzeichen einer ganzen Generation.

Quant begann Kleidung für sich selbst zu nähen: "Ich zerschnitt Bettüberwürfe", erinnerte sie sich in "The Week": "Ich veränderte meine Schuluniform, zog meinen Rock hoch, damit er aufregender aussah." Ihre Eltern – ein Lehrerehepaar – fanden ihren Berufswunsch eher "dubios", daher studierte sie Kunsterziehung am renommierten Goldsmiths College in London. Dort lernte sie ihren späteren Ehemann und Geschäftspartner kennen, den recht exzentrischen Alexander Plunket Greene, mit dem sie einen gemeinsamen Sohn bekam. Dem "Guardian" sagte sie später über ihn: "Er hatte Esprit und war ein toller Kerl: Ein 1,87-Meter-Prototyp wie Mick Jagger und Paul McCartney in einem. Was willst du mehr?"

Mit 21 eröffnete Quant ihren ersten Laden in der King's Road im angesagten Stadtteil Chelsea, um den Reichen und Schönen Klamotten und Accessoires zu verkaufen. Sie entdeckte bald, dass sie ihrer Zeit weit voraus war: Niemand stellte die Kleidungsstücke her, die ihr vorschwebten. Daher begann sie selbst zu nähen, wandelte Schnittmuster für Hausfrauen ab und besorgte sich ungewöhnliche Stoffe im Edelkaufhaus Harrods.

Sie entwickelte einen unverwechselbaren Look, der auf simplen Formen und mutigen Statements basierte. Sie kaperte den Beatnik-Stil der späten 50er Jahre – dunkle Strümpfe, flache Schuhe und Rollkragen, kombinierte ihn mit kräftigen Farben und vor allem: kurzen Rocklängen. "Ich stellte leichte, jugendliche, einfache Kleidung her", so ein Zitat von Quant im Buch "The Great Fashion Designers" von Brenda Polen und Roger Tredre. "Ich trug sie sehr kurz und die Kunden forderten: 'kürzer, kürzer'."

Ihre Ideen setzten sich schnell auf den Straßen der Modemetropolen London und New York durch, so dass sie ab 1963 zusätzlich Massenmode unter dem Label Ginger Group verkaufte. Denn sie war überzeugt, dass "der Sinn von Mode ist, modische Kleidung für jedermann erschwinglich zu machen". Deshalb veröffentlichte sie sogar die Schnittmuster ihrer Designs – das beliebteste verkaufte sich 70 000 Mal.

Erste mit dem Minirock war Quant zwar nicht: In den 20ern entwickelte der amerikanische Ökonom George Taylor die sogenannte Rocksaumtheorie, wonach die Röcke kürzer werden, je besser es der Wirtschaft geht. Auf der Bühne und im Sport trugen Frauen schon lange kurze Röcke, in den 50er-Jahre-Science-Fiction-Serien "Space Patrol" und "Flash Gordon" rutschte der Saum noch höher. Der Pariser Designer André Courrèges (1923-2016) behauptete, dass er ihn als erster erfand – doch Quant gilt weithin als Mutter des Minirocks.

Sie benannte das rebellische Stück Stoff übrigens nach ihrem Lieblingsauto, dem Mini Cooper. "Der Mini passte zum Minirock", sagte sie im Dokumentarfilm "Mary Quant, Mini Cooper, Miniskirt". "Er tat alles, was man wollte, sah großartig aus, war optimistisch, nicht zu bändigen, jung, kokett, genau richtig."

Ihr Logo einer stilisierten Margerite stand für die Befreiung der Frau, die Anti-Baby-Pille, wirtschaftlichen Aufschwung und Spaß. "Sie feierten die Jugend, das Leben und die enormen Möglichkeiten", sagte Mary Quant der "Vogue" über ihre ikonischen Kleidungsstücke. "Sie hatten eine Art 'Schau mich an!'-Qualität. Sie sagten: 'Das Leben ist großartig'."

Seither feiert die Modewelt den Minirock fast in jeder Saison wieder. Quant kreierte außerdem eine eigene Make-up-Linie. Seit 2014 durfte sie sich "Dame" nennen und erst vor wenigen Monaten wurde Quant sogar mit dem hohen Rang "Companion of Honour" ausgezeichnet.

Aber schon 1966 erkannte das Königshaus ihr Potenzial und zeichnete sie mit dem Orden des British Empires (OBE) für ihren Beitrag zur Modebranche aus. Dem "Guardian" sagte sie 50 Jahre später auf die Frage, was sie an ihrem Leben ändern würde, wenn sie könnte: "Nicht viel. Ich hatte eine tolle Zeit."

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