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Aline Bonnefoy
Veröffentlicht am
22.01.2021
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Mytheresa-CEO Michael Kliger über den Milliarden-Börsengang

Übersetzt von
Aline Bonnefoy
Veröffentlicht am
22.01.2021

Definitiv gut ins Jahr gestartet ist Mytheresa-CEO Michael Kliger: Vor seinem Börsengang im Januar wurde der Onlinehändler mit USD 2,2 Milliarden bewertet.


Mytheresa-CEO Michael Kliger


Aufgrund der Pandemie konnte Michael Kliger die berühmte Börsenglocke an der Wallstreet am Donnerstag für den Börsengang von Mytheresa nicht persönlich läuten. Doch darf er zu Recht stolz sein auf den beeindruckenden Börsenstart des Luxushändlers.

Im Zuge des IPO platzierte der Mutterkonzern von Mytheresa, MYT Netherlands 15,647,059 US-Hinterlegungsscheine (ADS) zu USD 26, wodurch die Emission ein Volumen von USD 407 Millionen hatte. MYT räumte zudem eine 30-Tage-Option für weitere 2,347,058 Anteile ein, womit weitere USD 61 Millionen zusammenkommen könnten.

Es sind dies bemerkenswerte Zahlen für das Unternehmen Mytheresa, das vor 15 Jahren als kleiner Insiderstore für reiche Kunden in München eröffnet wurde. Kliger stieß im Jahr 2015 zum Konzern, zuvor war er für eBay Enterprises tätig.

Kurz bevor die Mytheresa-Aktien an der Börse gehandelt wurden – das Börsenkürzel ist seit Donnerstagmorgen an der New York Stock Exchange, sprachen wir per Zoom mit dem zu diesem Zeitpunkt verständlicherweise überschwänglichen CEO Kliger.


Der Hauptsitz von Mytheresa in München


FashionNetwork.com: Wieso ist der Börsengang von Mytheresa auf dem Markt so gut angekommen?
Michael Kliger: Ich denke da gibt es drei Gründe. Zunächst befinden wir uns mit unserer Entwicklung im Online-Luxushandel noch immer am Anfang und wir gehen davon aus, dass sich der Anteil Kunden, die Luxusartikel online kaufen, in den kommenden Jahren verdreifachen wird. Mytheresa ist in diesem Markt sehr klar und gut aufgestellt. Wir versuchen, uns auf das obere Ende des Luxusangebots zu konzentrieren und haben eine der besten Kundengruppen überhaupt, das macht uns attraktiver. Wir haben Capsules und großartige exklusive Artikel, dadurch setzen wir uns von der Konkurrenz ab. Und dann sind wir in unserer Wachstumsphase rentabel geblieben – wenn man das kombiniert ergibt das ein ziemlich einzigartiges Profil im Onlinehandel ganz allgemein. Das können nicht viele Label von sich behaupten.

FNW: Wer hat Ihre Aktien gekauft?
MK: Das weiß ich nicht genau. Aber während der Investor-Roadshow in den vergangenen zwei Wochen haben wir uns auf die globale Community konzentriert, in Asien, Europa, Nahost und Nordamerika. Deshalb werden wir nun wohl globale Investoren haben.

FNW: Hat es Ihnen gefehlt, die Glocke läuten zu können?
MK: Es geht noch drei Stunden, wir starten erst um 9 Uhr, Ortszeit. Ganz ehrlich hätte ich die Börsenglocke liebend gern geläutet, aber in diesem Pandemie-Durcheinander ist es einfach nicht möglich.



Womenswear-Store von Mytheresa - Mytheresa


FNW: Was wollen Sie mit dem frischen Geld machen?
MK: Zunächst tilgen wir ein Gesellschaftsdarlehen in Höhe von USD 207 Millionen. Damit sind wir schuldenfrei. Der verbleibende Betrag bleibt im Unternehmen, um unsere Geschäftstätigkeit in Nordamerika und Asien auszubauen. Das Potenzial in diesen Gebieten ist unfassbar.

FNW: Wie sehen die Gesellschafterverhältnisse von Mytheresa nach dem IPO aus?
MK: Nach der Neuorganisation haben wir rund 20 Prozent der Unternehmensanteile verkauft und ein einziges Unternehmen, MYT, bestehend aus Neiman Marcus und anderen, kontrolliert die verbleibenden Anteile.

FNW: Was ist der Schlüssel zum Erfolg von Mytheresa?
MK: Ein wichtiger Punkt ist, dass wir stark fokussiert sind. Wir bleiben bei unserem Kerngeschäft und widerstehen der Versuchung, mehr Marken und Projekte aufzunehmen – wir sind also fokussiert und bleiben unserem Konzept treu.
Ein weiteres Element ist, dass wir unsere Aufgaben erfolgreich durchführen, denn das Team stimmt und unsere Leidenschaft ist es, die Dinge anzupacken. Ich habe gehört, wie gesagt wurde, "Ihr habt wirklich Wort gehalten". Das hört sich langweilig an, aber in der Mode ist das ein echter Faktor!
 
FNW: Wie würden Sie die DNA von Mytheresa definieren?
MK: Ein kuriertes, Boutique-ähnliches Angebot, kombiniert mit der Effizienz und dem Komfort einer digitalen Plattform. Wir begegnen allen unseren Kunden auf Augenhöhe, doch als Boutique können wir nicht für alle alles sein. Unsere Kunden wollen eine reibungslose Einkaufserfahrung und genau das bieten wir. Wissen Sie, wir haben noch immer unsere Originalboutique und sie ist die beste in ganz Deutschland. Wir sind überzeugt, dass Tradition wichtig ist, deshalb eröffneten wir auch einen kleinen Menswear-Store in München, als wir mit der Menswear anfingen.

FNW: Was bedeutet der Erfolg von Mytheresa, Farfetch und YNAP für die Zukunft der Kaufhäuser?
MK: Ich bleibe ein großer Fan von Kaufhäusern und bin tief davon überzeugt, dass Kunden auch in Zukunft in physische Verkaufsstellen gehen wollen. Unternehmen wie das unsere werden vielleicht bis zu 30 Prozent Marktanteil haben, aber ich denke, dass 70 Prozent beim herkömmlichen physischen Verkaufsgeschäft bleibt.

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