Übersetzt von
Aline Bonnefoy
Veröffentlicht am
21.06.2019
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Paris nimmt mit 'Karl For Ever' Abschied von Karl Lagerfeld

Übersetzt von
Aline Bonnefoy
Veröffentlicht am
21.06.2019

Am Donnerstagabend wurde in Paris eine einzigartige Gedenkfeier für Karl Lagerfeld organisiert. Sie fand im Grand Palais statt, der in seinen späteren Lebensjahren zu seinem zweiten Heim geworden war.

Die Veranstaltung umfasste Lesungen und Performances von Helen Mirren, Tilda Swinton, Cara Delevingne, Pharrell Williams, Fanny Ardant und Lang Lang, und wurde mit Videos von Karl Lagerfeld bereichert. Sie zeigten eine geschickte Montage aus seinen Bonmots, mehrsprachigen Wortspielen und trockenen Sticheleien.



Die gesamte Veranstaltung wurde auf drei Großleinwänden übertragen. Zu Beginn las Tilda Swinton aus einem von Karl Lagerfelds Lieblingswerken, dem Buch 'Orlando'. "Kleider tragen uns und nicht wir sie, … Sie ändern unser Weltbild und das Bild, dass sich die Welt von uns macht", erklärte Swinton in einer treffenden Umschreibung von Karl Lagerfelds Modephilosophie.

Viele Designer nutzen die Gelegenheit für eine persönliche Ehrerweisung: Silvia Venturini Fendi, Stella McCartney, Alber Elbaz, Haider Ackermann, Valentino mit Ralph Lauren und Tommy Hilfiger, die beide extra für den Anlass nach Paris geflogen sind. Silvia Fendi erinnerte sich wie viele andere an seine notorische Unpünktlichkeit, die darauf zurückzuführen sei – auch in diesem Punkt waren sich alle einig –, dass er auf die Gefühle seiner Mitmenschen achtete.



"Als wir nach Paris kamen, um seinen ersten Vertrag mit Fendi zu unterzeichnen, war Karl ein junger Designer und er hatte dennoch drei Stunden Verspätung. Ich habe mich so daran gewöhnt, dass er stets verspätet war, dass ich irgendwie darauf warte, dass er wieder zurückkommt", gestand sie traurig in einem der zwölf Videobeiträge von verschiedenen Designern.

Im ersten Video lobte Anna Wintour Karl für seinen Erfolg "nicht nur als Designer, sondern auch als Linguist, Fotograf, Raumausstatter, Filmemacher und Philanthrop. Er war der sprichwörtliche Multitasker, ein Mann, der alles auf einmal tat … Wir trauern um seine menschliche Präsenz und zelebrieren diese".

Cara Delevingne las ein Gedicht der französischen Schriftstellerin Colette in englischer Sprache vor, wobei der Originaltext in Französisch neben einem Bild von Lagerfelds treuem Begleiter – seiner Katze Choupette – auf Großleinwand projiziert wurde. Die weiße Birmakatze war höchstpersönlich anwesend, in Begleitung ihres Betreuers, schaute aber etwas verloren in die Welt.



Den größten Applaus erhielt Helen Mirren, die aus dem Buch "Le monde selon Karl" zitierte und vom Geiger Charlie Siem meisterhaft begleitet wurde.

In einem Video erklärte Karl Lagerfeld sein Design für einen Konzertflügel und betonte, dass dieser Mattschwarz sein und der Klavierstuhl mit rotem Chinalack überzogen werden soll. Und Operndirektor Robert Carson, der die Veranstaltung konzipiert hatte, organisierte gleich zwei davon für den Abend. Lang Langs ergreifende Interpretation von Chopins Grande valse brillante Es-Dur rührte das Publikum zu Tränen.

Schauspielerinnen und Schönheiten wie Prinzessin Caroline, Charlotte Casiraghi, Carole Bouquet, Carla Bruni-Sarkozy und Claudia Schiffer saßen in der ersten Reihe. Aber auch französische Unternehmer markierten Präsenz, so Bernard und Helene Arnault; die Première Dame Brigitte Macron; die Inhaber von Chanel, Alain und Gerard Wertheimer; der Präsident des Hauses, Bruno Pavlovsky; und François-Henri Pinault, der galant in der zweiten Reihe saß.



Es handelte sich um ein gemeinsames Projekt der drei Modehäuser, deren kreative Leitung Lagerfeld verkörpert hatte: Lagerfeld, Fendi und Chanel. Dadurch floss auch hier und da etwas Firmenpolitik ein. Dennoch war es ein intensives Erlebnis, eine positive Erinnerung an alle bemerkenswerten Talente Lagerfelds in so vielen Bereichen: Von der Mode über die Kunst der Konversation bis hin zur Architektur.

Abschließend bat Pharrell Williams das Publikum, für seine Performance aufzustehen und es folgte eine ausgedehnte Montage von Karl, der sich nach seinen epischen Shows für alle drei Modehäuser auf dem Laufsteg vor der Chinesischen Mauer bis hin zum Trevi-Brunnen wiederholt zu tosendem Applaus verneigte. Plötzlich fühlte es sich wieder an wie ein endgültiger Abschied vom berühmtesten Designer unserer Zeit: Dem geistreichen, mehrsprachigen, fesselnden Gentleman aus Deutschland, der Paris erobert und zu seiner Heimat gemacht hat.

Schließlich stellten sich wohl viele der Anwesenden die Frage, ob sie überhaupt an der Veranstaltung hätten teilnehmen sollen, da Karl Lagerfeld oft mit Nachdruck betont hatte, dass er nach seinem Tod endgültig von der Bildfläche verschwinden wolle. Doch kann man davon ausgehen, dass ihn diese gewaltige Bekundung von Respekt, Wertschätzung und Liebe, ähnlich wie Tom Sawyer, tief berührt hätte.
 
Wie Plinius einst schrieb: "Plenus annis abiit, plenus honoribus" – Er ist reich an Jahren davongegangen, reich an Ehren.

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