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Aline Bonnefoy
Veröffentlicht am
14.05.2018
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Paul Smith: Comeback mit Strategiewandel

Übersetzt von
Aline Bonnefoy
Veröffentlicht am
14.05.2018

Sir Paul Smith erklärte, das Unternehmen sei nach sechs schwierigen Jahren wieder auf dem richtigen Pfad. Er gestand ein, Fehler gemacht zu haben, diese seien nun jedoch wieder berichtigt worden. Davon zeugen höhere Bestelleingänge und ein besseres Ergebnis im Bereich Womenswear. Die Anzüge von Paul Smith vermochten sich dem Casual-Trend zu widersetzen.


Paul Smith – Frühjahr/Sommer 2018 - Paris - © PixelFormula


Die Sunday Times interviewte Sir Paul Smith anlässlich seiner Aufnahme in der jährlich publizierten Liste der reichsten Briten. Diese Ehre kommt dem 71-Jährigen bereits zum 24. Mal zu. Das Label habe seinen "Überraschungs- und Spaßfaktor" eingebüßt, nachdem er die kreative Verantwortung vor drei Jahren dem ersten Kreativdirektor der Marke, Simon Homes, übertragen habe. Grund für die Entscheidung, diese Aufgabe an den früheren Menswear-Verantwortlichen abzutreten, sei "teilweise mein Alter" gewesen.

Weiter erkannte Smith im Nachhinein, dass sich das Unternehmen mit Untermarken wie Paul Smith, Paul Smith London, Black Label, Jeans und PS zu stark diversifiziert habe.

Mit einem Gesamtvermögen von GBP 480 Millionen (EUR 544 Mio.) landeten Sir Paul Smith und seine Ehefrau auch dieses Jahr auf der Liste der reichsten Briten. Der Jahresüberschuss seines Unternehmens hingegen befand sich von Juni 2016 bis Juni 2017 im freien Fall und betrug schlussendlich nur GBP 2,1 Millionen (EUR 2,4 Mio). Der Umsatz stieg im selben Zeitraum um 3,5 Prozent auf GBP 184,9 Millionen (EUR 209,6 Mio.).

Für den Gründer des Unternehmens sind die Kollektionen zu minimalistisch ausgefallen und für einige seiner Läden habe er "unverhältnismäßige Mieten" bezahlen müssen. Doch durch die Vereinfachung der Angebotsstruktur auf die beiden Label Paul Smith und PS, die Schließung verschiedener Verkaufsstellen und Streichung mehrerer Arbeitsplätze in London und Tokio hellten sich die Prognosen für die Zukunft wieder auf. Als weitere strategische Entscheidung übernahm Paul Smith die kreative Führung der Kollektionen wieder selbst.

"Das war ein mutiger Schritt. Ich wusste, dass ich dadurch den Turnover eine Weile lang abschreiben konnte und der Gewinn darunter leiden würde", so Smith. "Und so war es auch. Doch weiß jeder, der sich nichts vormacht, dass man manchmal zu mutigen Schritten greifen muss. Manchmal muss man ein paar Schritte zurückgehen um besser voran zu kommen".

Smith erklärte außerdem, dass das Unternehmen unter den sich verändernden Branchenbedingungen gelitten habe. Es gebe weniger unabhängige Einzelhändler, dagegen breiten sich die riesigen Handelsketten mit großer Geschwindigkeit um den ganzen Globus aus, was "leider auf Kosten der unabhängigen Anbieter geht".

STEIGENDER UMSATZ

"Die ergriffenen Maßnahmen funktionieren, die Bestellungen für die kommenden beiden Saisons stiegen um 10 bis 11 Prozent, der Umsatz um 10 Prozent", freut sich Smith. Und allen Trends in Richtung einer ungezwungeneren Garderobe zum Trotz verkauften sich nicht zuletzt die Anzüge der Marke besonders gut.

"Ja, Anzüge haben es weltweit schwer, nur nicht bei Paul Smith. Anzüge sind wundervoll, nur müssen sie nun anders gezeigt werden", so der Unternehmer. "Eine Anzugsjacke mit lässigen Hosen. Modische Schneiderarbeit, nenne ich das".


Paul Smith – Frühjahr/Sommer 2018 - Paris - © PixelFormula


Auch mit seinen Womenswear-Kollektionen hat der Designer wieder mehr Erfolg: Der Umsatz stieg um 20 Prozent. Zudem plant Paul Smith die Eröffnung neuer Läden in Deutschland, Dänemark, Südkorea, Südafrika und Großbritannien.

Für Paul Smith entspricht diese Expansionsphase nicht nur einem frischen strategischen Ansatz, sondern widerspiegelt auch die Erwartungen der neuen Kunden, die zur Marke wechseln. Die Millennial-Generation interessiere sich immer mehr für Marken mit einem unverkennbaren Stil und USP, die Mode stärker von einem evolutionären Standpunkt angehen und nicht einfach zu jeder Jahreszeit neue Trends ausleben.

Sie fühlen sich hingezogen zu Marken "wie Paul Smith, die unabhängig sind, britisch und persönlich und einen kompromisslosen Stil bieten. Viele Kunden scheinen es zu schätzen, dass die Marke noch immer im Besitz einer Person ist, die tatsächlich Paul Smith heißt und jeden Tag hier ist", ist Paul Smith überzeugt.

Das Unternehmen gehört tatsächlich zu 60 Prozent seinem ursprünglichen Gründer, der kein Interesse daran zu haben scheint, seine Anteile an ein riesiges Modekonglomerat zu verkaufen. Doch auch wenn Smith zwischenzeitlich wieder zur kreativen Führung zurückgekehrt ist, denkt er langsam über seine Nachfolgeregelung nach. "Ich werde nicht ewig da sein. Ich habe aus meinen Fehlern mit meinem Rücktritt gelernt, doch kann ich Schritt für Schritt einzelne Aspekte meiner Arbeit aus der Hand geben. Ich habe ein hervorragendes Marketingteam, einen sehr kompetenten Head of Retail, weiter einen begabten Finanzchef und einen sehr guten Geschäftsführer. Ich habe zwei oder drei Designer, die mich für die Zukunft zuversichtlich stimmen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist meine Führungsunterstützung hilfreich. Wenn ich aber morgen nicht mehr da sein sollte, könnte das Unternehmen auch ohne mich auskommen".
 

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