Übersetzt von
Aline Bonnefoy
Veröffentlicht am
28.03.2019
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Rückblick auf die Tokyo Fashion Week: Frauenpower und edle Stoffe im Rampenlicht

Übersetzt von
Aline Bonnefoy
Veröffentlicht am
28.03.2019

Während die Streetwear an den Schauen in New York, London, Mailand und Paris von klassischen, nüchternen Retro-Looks abgelöst wurde, neigt Tokio mehr zu modernen Basics und mädchenhafter Weiblichkeit. Das von der Amazon Fashion Week Tokyo gewählte Schlagwort für diese Saison lautet "Kodo", japanisch für "tun, was wir wollen". Die Designer schienen sich weniger auf die instabile Wirtschaftslage oder Umweltfragen zu konzentrieren, sondern fokussierten auf einen einfühlsamen, kundenzentrierten Ansatz, der den Lebensstil und die Vorlieben der Kunden auch im Hinblick auf den Tragekomfort berücksichtigt. Möglicherweise wirkte sich diesbezüglich auch der schrumpfende japanische Markt auf die Entwürfe aus. Die Modeschöpfer schienen sich außerdem stärker mit Themen zu beschäftigen, die auch mit den Bedürfnissen ausländischer Märkte im Einklang stehen.

Frauenpower und Mode-Lolita


Shushu/Tong Herbst/Winter 2019 - Image: Fashionsnap.com


Obwohl der Skater-/Streetwear-Trend in jüngster Vergangenheit an Beliebtheit eingebüßt hat, sind in den Straßen Tokios noch immer zahlreiche andere Subkulturen vertreten. Auf den europäischen Runways dominierten klassische Damenlooks und kraftvolle, Domina-ähnliche Eleganz, doch in Tokio ist die Weiblichkeit mädchenhafter. Doch auch wenn die heute angesagten weiblichen Looks nüchterner sind, so strömt aus einigen Kollektionen dennoch eine dunkle, rockige Kraft.

Das Label Shushu/Tong, das sein Debüt in Shanghai gab, bringt in seiner Kollektion eine einzigartig düstere und doch mädchenhafte Weltanschauung zum Ausdruck. Die Kleider verfügen über strukturierte Volumen und visuelle Blutspritzer, die ebenso unheimlich wie süß wirken. Das Designerduo ging mit großer Faszination den verschiedenen japanischen Subkulturen nach und schuf eine Kollektion, die sehr tragbar und hoch modisch ist. Shueh Jen-Fang und Jenny Fax kombinieren Ringelsocken mit Acid-Washed-Jeans und Spitze und Rüschen, um das "kawaii"-Konzept auf ihre ganz persönliche Art auszudrücken. Und wenn man sich die Fans bei der Show anschaut, besteht kein Zweifel, dass die Marke "echte Kleider" entwirft, die sowohl theatralisch als auch sympathetisch wirken.


Kotohayokozawa Herbst/Winter 2019 - Image: Fashionsnap.com


In dieser Saison enthüllte Kotohayokozawa eine besonders verspielte Kollektion, die eine hochmoderne Interpretation der Frauenpower verkörpert. Die Show fühlte sich an wie ein früher Morgen nach einer durchgefeierten Nacht. Die gezeigten Patchwork-Strickwaren eignen sich ebenso gut für die Frühjahr-/Sommersaison als für den Herbst/Winter. Sommersandalen und Accessoires im Unterwäschestil intensivieren das Gefühl alltäglicher Weiblichkeit. 'Ich trage was ich will, wann ich will', so das Mantra dieser erfrischenden Kollektion.

Zunächst der Stoff, dann das Produkt


The Reracs Herbst/Winter 2019 - Image: Fashionsnap.com


Die einfachen Phrasen 'Materialbezogen' und 'Made in Japan' haben ihre Attraktivität verloren. Dies ist nicht lediglich marketingbedingt, da die Designer dem Rohmaterial ebenso viel Aufmerksamkeit zukommen lassen, wie dies Produktdesigner tun würden. Daraus entstand ein neuer, minimalistischer Stil.


Postelegant - Image: Fashionsnap.com


Ähnlich wie das Label Auralee, das seine Kollektion an der Pariser Modewoche zeigte, überzeugt The Reracs mit einer beeindruckend einfachen Kollektion. Basics wie Trenchcoats, Jacken, Blusen und Röcke, meist in Uni-Stoffen, dominierten die Show. Die Aufmerksamkeit der Zuschauer war ganz auf die Textur und die Schnitte der Kleider gerichtet. Der Finalist des Tokyo Fashion Awards, Postelegant, präsentierte ebenfalls eine bemerkenswerte Kollektion mit modernen Mänteln und maßgeschneiderten Kleidungsstücken aus hochwertigen Stoffen wie zweilagige Wolle und Kaschmir.

Von Europa nach Tokyo

Das Programm At Tokyo von Amazon, in dessen Rahmen Designer aus dem Ausland eingeladen werden, ihre Arbeit in Japan zu präsentieren, brachte ebenfalls einige hervorragende Shows hervor. In dieser Ausgabe nahmen die Designer aus unterschiedlichen Gründen auf eigene Kosten teil, was von der heutigen und zukünftigen Bedeutung der Modewoche zeugt.


Anrealage Herbst/Winter 2019 Tokyo - Image: Fashionsnap.com


Anrealage kehrt aus Paris zurück und enthüllt mit der Kollektion 'Detail' einen neuen Menswear-Look. Während der Show erklärt Kunihiko Morinaga: "Wir können unsere kreative Version besser zum Ausdruck bringen, wenn wir in Paris und Tokio defilieren".

Das Label Beautiful People organisierte im Februar 2018 eine Sondershow. Damit wurde das erste Jubiläum der Unterstützung des Wirtschafts-, Handels- und Industrieministerium für junge Menschen gefeiert. Diese Unterstützung fokussiert auf Geschäftsexpansion und fördert auch ausländische Designer. In dieser Saison defilierte die Marke erneut.


Koché Herbst/Winter 2019 Tokyo - Image: Fashionsnap.com


Doch das Highlight der Saison war vermutlich Koché. Die Designerin Christelle Kocher zeigte eine verspielte Kollektion, die auch eine einzigartige Zusammenarbeit mit dem Film Meisterdetektiv Pikachu umfasst. Die Show inspiriert sich an Tokio, nutzt aber die ganze Spannbreite der Marken-DNA. Kochers Kollektion 'Tokyo Love' ist ein Gewinn für das At Tokyo-Programm der Modewoche.


 
 

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