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Aline Bonnefoy
Veröffentlicht am
05.02.2020
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Thibault Durand (Reebok Europa): "Unsere Strategie stützt sich nicht auf Adidas"

Übersetzt von
Aline Bonnefoy
Veröffentlicht am
05.02.2020

2019 kehrte Reebok auf den Wachstumspfad zurück und verbesserte die Rentabilität. Die Marke kündigte an, dass das traditionsreiche Vector-Logo auf allen Produktlinien wieder eingeführt wird. Reebok gelang es auch, spannende Collaborations auf die Beine zu stellen, nicht zuletzt mit Victoria Beckham und dem Designer und Gründer des Labels Pyer Moss, Kerby Jean-Raymond. Seit sechs Monaten ist Thibault Durand als VP Brand Director für Reebok Europa (EMEA) tätig. Mit FashionNetwork.com sprach er über die jüngsten Veränderungen und über die Ambitionen von Reebok. Weiter erklärte er die Markenstrategie, die sich auf starke Partnerschaften und Produkte stützt.


Thibault Durand, SVP (Senior Vice President) Brand Director Europe bei Reebok - Reebok


FashionNetwork.com: Adidas-CEO Kasper Rosted machte bei seiner Ankunft vor zwei Jahren klar, dass er die Ergebnisse von Reebok verbessern wollte. Wie sieht es heute aus?

Thibault Durand: Das haben wir erreicht. Die Marke ist rentabel. Wir haben einen Plan eingeführt, den wir "Muscle Up" tauften, um die Rentabilität des Labels zu verbessern. Und heute trägt Reebok seinen Teil zum Gruppenergebnis bei. Vor geraumer Zeit haben wir den Gleichgewichtspunkt erreicht und in den vergangenen beiden Quartalen konnten wir ein deutliches Wachstum verzeichnen.

FNW: Nun da Reebok dieses Gleichgewicht erreicht hat, werden die Gerüchte über ein mögliches Verkaufsvorhaben wieder entfacht werden. Wie wird das von innen heraus beurteilt?

TD: Etwas, das ich nicht sehe, kann ich nicht kommentieren. Aber angesichts der Ambitionen, die Kaspar und das Board für Reebok hegen, und wenn man sieht, wie Reebok den Konzern bereichern kann, habe ich nicht das Gefühl, dass der Konzern in diese Richtung steuert. Wir hatten für 2019 schöne Ziele und für 2020 haben wir noch schönere Projekte aufgegleist.

FNW: Der Wandel war ziemlich radikal mit einem starken Fokus auf das Ladennetzwerk in den USA. Wie sah es konkret in Europa aus?

TD: Der amerikanische und europäische Markt unterscheiden sich sowohl hinsichtlich des Vertriebs als auch in der Produkttypologie grundlegend. Wir wollten uns darauf konzentrieren, dass die Kunden in Europa das finden, was sie in der Vergangenheit bei der Marke suchten. Dieses Anliegen floss in das strategische Projekt "Creating the New" ein, das 2020 abgeschlossen wird. Einer der drei Stützpfeiler des Programms war die Gewissheit, dass unser Umsatz schneller ansteigt als unsere Ausgaben. Das ist uns gelungen, indem wir uns auf das Wesentliche konzentrierten.

FNW: Und was umfasst dies genau?

TD: Unser Ziel ist und bleibt es, "the best fitness brand in the world" zu sein. In Europa wird Fitness oft mit Hallensport gleichgesetzt. Das ist in etwa so wie beim Basketball oder auch dem Skaten. Alle mögen das Skaten – das bedeutet aber nicht, dass wir alle auf einem Brett stehen. Es ist eine Philosophie, eine Lebensweise und Einstellung. Dieser Fitness-Aspekt bezieht sich darauf, dass man sich in seinem Körper wohl fühlt.

Die Analogie zum Basketball rührt daher, dass heute 90 Prozent des Basketball-Geschäfts auf Produkte entfallen, die nicht auf dem Court getragen werden. Das ist unsere Idee. Wir wollen diesen Wohlfühl-Aspekt demokratisieren. Wir haben den Vorteil, die erste Marke zu sein, die einen Fitness-Schuh für Damen auf den Markt brachte. Frauen bilden bei uns ein Schlüsselsegment des Markts, das war schon immer so.

FNW: Welche Perspektiven verfolgt Reebok in Europa?

TD: Dazu kann ich keine detaillierten Angaben machen. 2018 belief sich der globale Markenumsatz auf EUR 1,687 Milliarden. Reebok hat das Ziel, diesen Wert 2019 und 2020 anzuheben. Das bedingt ein starkes Wachstum in Europa. Wir haben heute acht verschiedene Cluster. Die drei wichtigsten sind Großbritannien, Frankreich und Deutschland/Österreich/Schweiz. Dazu kommen die nordischen Länder, Osteuropa, Südosteuropa, Italien und Spanien/Portugal, die jeweils andere Marktgegebenheiten kennen. Einige Märkte sind stärker auf den Lifestyle-Aspekt ausgerichtet, andere fokussieren mehr auf die Performance.


Reebok kehrt bei allen Linien zum Vector-Logo zurück - Reebok


FNW: Wie viele Personen umfasst das Team in Europa?

TD: Wir sind in Europa für Reebok rund 170 Personen, 130 davon im Bereich Merchandising, teils in Amsterdam, teils in Herzogenaurach. Wir haben zudem zwischen 20 und 30 Personen in Barcelona in unserem Creation Center, wo Entwickler, Produktmanager und Designer an Schuhen, Textilien und Accessoires arbeiten.

FNW: Welche Faktoren waren für die Verbesserung der Rentabilität in den vergangenen Quartalen verantwortlich?

TD: Unser Mantra war es zu wissen, wie wir die Margen verbessern können, ohne den vom Kunden wahrgenommenen Wert zu beeinträchtigen. Wir haben insbesondere bei der Preisstruktur angesetzt. Als Challenger-Marke müssen wir wissen, wie wir den Kundenfokus auf Reebok lenken können, weil das Produkt richtig ist, das Design stimmt und das Preis-/Leistungsverhältnis attraktiv ist.

FNW: Verfolgen Adidas und Reebok eine andere Strategie?

TD: Reebok muss seine eigene Story schaffen, das will auch Kasper Rorsted. Es kommt nicht in Frage, ein kleinformatiges Copy&Paste von Adidas zu machen. Adidas zählt zu den Marktführern, wir hingegen zu den Challengers. Das bedeutet wir sind leichtfüßiger, reaktiver und haben mehr Spielraum für das, was andere nicht tun können. Wenn wir um die Marktanteile der beiden größten Marken kämpfen, dann ist das der falsche Kampf.

FNW: Bei Reebok gibt es die Performance und die Classics für den Lifestyle. Werden diese beiden Standbeine beibehalten oder werden sie sich annähern?

TD:  Unser Ziel ist es, dass diese beiden Welten interagieren und wir mit einer Stimme sprechen. Der erste Schritt war die Ablösung des Delta (2012 im Performance-Angebot eingeführt) durch den Vector. Es handelt sich um eines der anerkanntesten Logos weltweit, das Sport, Athleisure und Lifestyle unter einem Hut zusammenführt. Der Nano beispielsweise ist die Nummer 1 im Crossfit. Das Vector-Logos ist passend, da es sich auf die Tatsache stützt, dass es nicht nur ein Hallenschuh ist.

FNW: Welches sind die Wachstumsträger bei Reebok?

TD: Dazu zählt natürlich der Lifestyle-Bereich, der heute den größten Teil der Geschäftstätigkeit ausmacht. Es gibt unzählige Leggings und Strümpfe, die nur äußerst selten im Hallensport zu sehen sind. Unsere sportlichen Wurzeln werden wir jedoch nie aufgeben. Dann stützt sich unsere Strategie auch auf die "Icons", also die sechs Standbeine, die das Rückgrat unseres Angebots bilden.

FNW: Welche Standbeine sind das?

TD: Schuhe machen den Hauptteil unseres Geschäfts aus, und es sind sechs Produkte: Club C, Classic Leather, Zig, das vor Kurzem mit Ian Paley eingeführt wurde, Floatride, Nano und Instapump Fury. Die einzelnen Produkte entsprechen unterschiedlichen Zeitpunkten im Tagesablauf der Kunden.


Ein Modell des Nano9 für Crossfit und den täglichen Gebrauch - Reebok


FNW: Sollten nicht vermehrt neue Launches gemacht werden?

TD: Es gibt diese Vorstellung, dass wir die "Icons" neu auflegen, um die nostalgische Seite der 35- bis 40-Jährigen anzusprechen, mit einem neuen Einschlag für die heutigen Teenager. Classic Leather und Club C sind zwei fantastische Modelle im Lifestyle-Segment. In Zusammenarbeit mit Gigi werden wir den CL Legacy 83 in der Modesparte lancieren.

Für den Herbst 2020 haben wir den CL Legacy in Vorbereitung, eine modernisierte Version des Classic Leather für die 15- bis 25-Jährigen. Das wird unser Starmodell für das neue Schuljahr. Parallel dazu haben wir gemerkt, dass wir in Boston unglaublich viele Archivunterlagen zu Schuhen aus den 70er-, 80er-, 90er- und Nuller-Jahren haben. Nun stellt sich die Frage: "Wie passen wir diese dem Fuß von morgen an?". Und dieser Retro-Running-Trend der 70er kommt ganz intensiv. Da haben wir eine ganze Story mit dem Aztec, einem fantastischen Modell, das im März neu aufgelegt wird. Im Sommer kommt folgt dann Aztec Princess.

FNW: Welche Lebensdauer hat ein Reebok-Produkt? Bei Adidas erreichten die Stan Smiths nach dem Relaunch einen Gipfelpunkt. Und obwohl die Nachfrage nachgelassen hat, wird das Modell noch immer gut verkauft. Wie gehen Sie mit diesem Zyklus um?

TD: Zur Dauer gibt es keine Standardantwort. Was wir nicht wollen ist, ein gutes Produkt zu haben und den Markt mengenmäßig zu überlasten. Unser Ziel ist es, mit den verschiedenen Produkten und ihren Neuauflagen zu spielen, um eine konstante Dynamik zu erreichen. Das ist der Vorteil, wenn man Teil eines Konzerns wie Adidas ist, da gibt es interessante Strategien, die wir anwenden können. Unser Mehrwert ist es, dass wir auf PVC verzichten und auf zwei Grundsätze setzen: Reegrow und Reecycle. Reegrow betrifft Möglichkeiten, Schuhe aus natürlichen Materialien zu produzieren, wie am Beispiel des Floatride deutlich wird. Der Reecycle-Aspekt ist in die Entwicklung des Modells Zig eingeflossen.


Kerby Jean-Raymond führt Reebok Studies - Pyer Moss


FNW: Schuhe sind ein wichtiger Bestandteil des Angebots und der Strategie. Welches Gewicht haben Textilien?

TD: Im Vergleich zu anderen Marken haben Textilien bei Reebok einen guten Platz. Was aber interessant ist, ist das Gleichgewicht zwischen Menswear und Womenswear. In diesem Bereich nähern wir uns der Mitte und die Partnerschaft mit Victoria Beckham brachte unsere Bemühungen zum Ausdruck. Es ist wichtig, die Kollektion in verschiedene Vertriebsnetzwerke zu bringen. Die dritte Saison kommt Anfang Februar und wir wollen diese nachhaltig gestalten.

FNW: Welches Tempo verfolgen Sie mit dem Projekt Studies mit Kerby Jean-Raymond?

TD: Ziel von Reebok Studies ist es, den Designer von morgen zu finden, die Person, die unserer Marke etwas Fantastisches bringen kann. Es gab eine Zeit, in der Reebok mit Künstlern arbeitete, die am Beginn ihrer Karriere standen und später berühmt wurden. Heute wollen wir die Designer von morgen um uns haben. Wir arbeiteten bereits mit Kerby zusammen und er schlug diesen Ansatz vor. Die Entwicklung dieser modischen Collaborations ist nicht bereits im Vorfeld vollständig festgelegt. Wenn wir zwölf Monate vorher mit einer Idee aufkämen, könnten wir nicht den Erwartungen der Kunden entsprechen. Deshalb wollen wir während der Modewochen in London oder Paris aufstrebende Designer entdecken, die anschließend von Kerby begleitet werden.

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